Wir beide sind gleich alt, haben verschiedene Dinge im Leben gemacht und fühlen uns als „Spätberufene“ mit einem unbeirrbaren Gestaltungswillen für das, was wir vorhaben. Annegret Weitkämper-Krug gründete 2019 ihre Produktion Gretchenfilm, nachdem sie vorher im Art Consulting tätig war. Natürlich gab es Kontakte, aber kein wirkliches Netzwerk, keine Erfahrungen, wie das Business läuft. Also ein Re-Set bei fast Null. Was für eine Herausforderung, prickelnd, faszinierend und zugleich immer wieder desillusionierend. Da draußen wartet keiner auf einen … und doch finden sich die Lücken, um Schönes, Wichtiges und Wertvolles in die Welt zu setzen.
Als wir vor drei Jahren mit unserem IT’S A DIENSTAG Salon begannen, war Annegret eine der ersten Talkgäste. Es ging noch die Corona-Angst um, Begegnungen wurden sorgfältig vermieden. Der von ihr co-produzierte Film von und mit Daniel Brühl „Nebenan“ lief gerade in den Kinos. Es wurde ein Erfolg! Dann die Doku über den Künstler Daniel Richter. Beteiligt war sie 2022 an dem wahnsinnig erfrischenden Film „In einer Welt, die es nicht mehr gibt“, hochgelobt von der Presse.
Es ging und geht weiter Schlag auf Schlag. Im Mittelpunkt stehen für sie Drehbücher und Produktionen, die eine Nähe zur Kunst, Literatur und Musik besitzen. Damit bewegt sie sich abseits der Blockbuster in einem anspruchsvollen Nischenbereich, wagt sich an so komplizierte Stoffe wie „Seneca“ mit John Malkovich, brandaktuell, als ginge es um Donald Trump, den Wertezerfall und Weisheiten, die keiner hören will.
Wie finanziert sich so etwas? Wir reden über Summen von ein bis zehn Millionen Euro, die sich aus verschiendenen Töpfen speisen, den Filmförderungen, den Produzenten und Co-Produzenten. Immer ist sie selbst mit Eigenkapital dabei, aber es gilt auch Investor*innen zu finden, wie einige an diesem Abend unter uns sind.
Was macht eine Film attraktiv für Geldgeber*innen? Das Gefühl, auch etwas mitzugestalten, an deren Realisierung teilzuhaben, irgendwann selbst mit auf dem roten Teppich zu stehen bzw. im Publikum in vorderster Reihe zu sitzen, wenn der Eröffnungsfilm auf dem Festival läuft. Berlinale, Cannes, Venedig. Das sind einige der sogenannten „soft values“, aber daneben wird hart gerechnet, damit Einsatz + Rendite zurückkommen.
Schnelle Ergebnisse und Rückflüsse sind dabei selten zu erwarten, denn Planung und Abläufe können langwierig sein. Zuerst geht es ins Kino, anschließend TV und Streaming-Dienste, Lizenzverkäufe. Niemand kann den Erfolg garantieren, aber es gibt Indikatoren wie renommierte seriöse Produktionen, namhafte Regisseure, anerkannte Schauspieler*innen. Die Themen, die zukünftige Trends markieren. Ich denke an „Köln 75„, der Film über das legendäre Keith Jarrett Konzert 1974, der 2023/24 in die Kinos kam (und immer noch läuft), zeitgleich mit „A Complete Unknown“ über Bob Dylan.
Und dann gibt es charmante Filme wie der „Buchspaziergänger“ (2024), der ebenfalls von Annegret co-prodziert wurde und unaufgeregt Publikumserfolge erzielte. Es gibt also Hoffnung, dass die Menschen wieder in die Kinos strömen und sich nicht nur Made-in-Hollywood anschauen. Die Franzosen lieben ihre Filme und die Deutschen? Mit nur 25% Markanteil ist bei den deutschen Filmemachern noch Luft nach oben.
Annegret erzählt von den Anlaufschwierigkeiten bei „Münter & Kandinsky“ (2023), einem ihrer Herzensprojekte. Ich weiß noch, wie wir zum Essen verabredet waren und sie enthusiastisch davon berichtete. Ich spürte den Druck, da die bayerische Filmförderung nicht mitmachen wollte, obwohl an Originalschauplätzen gedreht. Es ist trotzdem gelungen. 3,5 Millionen kamen zusammen, der Film ist ein Erfolg. Glückwunsch!
Ob sie gut schlafen könne, frage ich sie. Sie lacht, kurz und laut, mit dieser Power, die die Zweifel verscheucht. Nebensächlich, es gilt etwas zu realisieren. Schlafen können wir später, wenn sich eine Auszeit ergibt.
Annegret, das Multi-Task-Talent mit rotem Lippenstift, Haarband und … in Roma e Toska. Auch das nehme ich mit Freude zur Kenntnis: sie trägt meine Kollektionen, ob am Set von Gabriele Münter oder in Cannes bei den internationalen Vermarktungsgesprächen der Filme. Selbst in ihrem Statement zum Ukraine Krieg und den traurigen Erinnerungen an das Festival von Odessa trug sie einen Blazer von mir.
Auf ihre aktuellen Projekte dürfen wir gespannt sein: „Day-and-Night“, eine Erzählung von Virginia Woolf, die gerade im Schnitt ist, sowie eine Dokumentation über den Künstler Jonas Burgert. Vielleicht sind ja ein paar interessierte potentielle Investoren unter den Leser*innen. Einstiegskapital €25.000.
Ich bin auf jeden Fall ihr Fan. Sie ist mein Role Model, und das schon seit vielen Jahren. Wir finden gemeinsam den richtigen Ton zwischen Society Small Talk und ernsthaftem Tun mit der Leidenschaft für die Sache und der Verantwortung, dass es gelingen mag.
Danke Annegret! Was für ein schöner Abend zwischen so vielen neuen Gästen. Bis zum nächsten Mal. Und irgendwann gibt es für Dich die Palmen, die Bären und die Löwen!
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KURZE HOSE, WEISS
€398,00€200,00 inkl. Mwst. -
SMOKING BLUSE, NAVY
€459,00 inkl. Mwst.