Ein wenig Savile Row in der Poolstrasse, jene besagte Querstrasse zur Regent Street in London, in der die exklusiven Maßschneider sich befinden und das schon seit Jahrhunderten. Der perfekt sitzende Anzug, der Cashmere Stoff, über den die Hand liebevoll streicht. „The future is handmade“, hatte ich es nicht erst kürzlich gesagt?! Neben mir steht Pedram Nejad, einer dieser Meister seines Metiers mit Sitz in der Milchstrasse, dort wo auch Roma e Toska bis zur Pandemie beheimatet war.

Leise spricht er, meist ernst und konzentriert sein Gesichtsausdruck mit einem feinen zurückhaltenden Lächeln. Alles was er erzählt ist persönlich und bleibt trotzdem diskret. Es geht um Zentimeter, um Millimeter, es geht um Perfektion.

Wie anders ist meine Haltung zur Mode, beinahe neidisch schau ich auf seinen Sakko, wie der Ärmel eingesetzt ist, wie der Stoff sich über die Schulter legt, während es bei mir schwingt, die Figur umspielt und sich beim Beinüberschlag kess nach oben schiebt.

Wir beide haben eine Vision und dazu gehört die Mission, Menschen sichtbar zu machen. Für mich sind es Stoff gewordenen Geschichten, die die Individualität der Trägerinnen unterstreichen. Seine ist die mit Meisterschaft modulierte Silhouette des Mannes, das Rüstzeug für die Karriere und die Souveränität auf dem gesellschaftlichen Parkett. Wir sprechen von Stil.

Alles begann wie so vieles im Leben mit Umwegen. Als der Schah in Persien gestürzt wurde, entschied sich auch Pedrams Familie das Land zu verlassen, da war er gerade sechs Jahre alt. In Hamburg etablierte der Vater eine große Schneiderwerkstatt, der Sohn studierte Medizin. Als der Ältere schwer erkrankte übernahm der Sohn spontan die Geschäfte, absolvierte einen Schnellkurs in den vielfältigen Belangen der Mode: Fertigung, Schnitte, Gradierungen, Kenntnisse für die Maschinen, Mitarbeiterführung, Finanzen. Wer meint, Fashion findet nur am Skizzenblock statt, der irrt gewaltig. Es ist eines der komplexesten Unternehmungen, denkt nur an mein Zitat von Miuccia Prada.

Pedram Nejad ist mittlerweile fünfzig, und genauso wie damals spürt er den Dingen bis ins kleinste Detail auf den Grund, er weiß um jeden Stoffes, jede Webart und Verarbeitung, er kann klein und groß denken. Anzüge für den HSV und für St. Pauli, Uniformen für das Personal der luxuriösen Hanse Lounge, 3.000 Bomberjacken in Doppelschichten genäht.

Entstanden ist sein eigenes Label Paisley Bespoke, zu dem nicht nur die maßgeschneiderten Anzüge gehören, sondern auch die Hemden, Strick Pullover und Shirts, Accessoires und Schuhe.

Wir diskutieren, wie sehr uns unsere Aufgaben erfüllen, wie sehr unser Tun eine gesellschaftliche Relevanz besitzt oder besitzen sollte. Kleidung ist nicht nur unsere Hülle, sondern auch ein Respekt gebenüber dem Anderen, ein Statement für Langlebigkeit.

Anschließend probieren wir seine Sakkos, herrlich fühlen sie sich an, wir spüren die hochwertigen Materialien und die Aura der Perfektion. Damit sind wir Frauen voll im Trend von oversized Look und androgyn Style.

Ich würde es genauso tragen, gar nicht an mein Körpermaß anpassen, sondern hineinschlüpfen in eine männliche Attitüde, breitschultrig und trotzdem empfindsam.

Wen würde er gern einkleiden, frage ich. Natürlich gäbe es Bedarf in Hollywood, wo die Stars überraschend oft nur von der Stange tragen. Aber ich spüre, wie sich sein Mittelpunkt in die „Savile Row“ Milchstrasse verschoben hat, mit den Herren, denen er Maß nimmt, sie befragt nach dem Ist- und dem, was noch werden soll. Unterschätzen wir nicht unsere zweite Haut. Pedram und ich wissen, wie sie uns definiert und sich damit Türen öffnen. Es ist das Fingerspitzengefühl für die Menschen, die wir einkleiden, das zu unserem Job und zu unserer Passion gehört.

Gemeinsam überlegen wir gerade, wie wir die erste Begegnung zu einer Kooperation ausbauen können, in Hamburg sowie auf Sylt. Eine kleine Auswahl Herren-Garderobe ist derzeit schon bei uns zu sehen. Wartet ab! Morgen fotografiere ich mich in Paisley Bespoke und Roma e Toska. Und nächsten IT‘ A DIENSTAG wird Philipp Hochmair unser Gast sein, auch jemand, der sein Mann-sein auf vielfältige Weise mit Kleidung zum Ausdruck bringt.

Philipp Hochmair kündigt seine Biographie an.

Danke Pedram Nejad, es war einer der schönste Abende, wie mir eine Freundin am Ende zuflüsterte. Und Dank auch an meine Nachbarn, maison f., für das köstliche Catering.