Köstlich schon der Auftakt zu diesem IT’S A DIENSTAG. Christian und ich treffen uns mittags, haben uns lange nicht gesehen. Bei ihm lagen ein paar Fernreisen dazwischen, ein stressiger Alltag, ein Buch im Eigenverlag publiziert. Meine Monate habt Ihr mehr oder weniger im Blog verfolgt. Eine Freundin fragt vorsichtig per WhatsApp an, ob wir uns noch vertragen und der Abend stattfindet. Tun wir, er findet statt und wird ein Highlight. Nur Carmen fehlt, sie hat Urlaub und genießt Mallorca.
Wir versuchen vorab ein offizielles Foto (man weiß ja nie, ob es nachher noch dazu kommen wird). Auch hier gibt es schon genügend Diskussionsbedarf, das Licht müsse von der anderne Seite kommen (meint er). Ich knipse los, ohne Kommando und Aufforderung. Gar nicht so einfach, zwei ausgeprägte Eigenköpfe auf Spur zu bringen. Gemeinsam haben wir ein Buch geschrieben, es liegt auf Eis. Wir konnten uns nicht einigen, welche Korrekturen gemacht werden müssen.
Ein letztes Foto geht noch, so wie Carmen und ich es seit nunmehr 15 Monaten beinahe wöchentlichen machen: Lächeln, Harmonie, der Abend wird schön, Knips. Es geht um das Leben im Extremen, um das Abenteurer, um Mut, Angst und Gefahren, und gleichzeitig um die Rückkehr in eine bürgerliche Existenz.
Eingeladen sind nicht nur die üblichen Freundinnen, sondern auch Gäste, die das Leben in anderen Ländern kennen, den Spagat zwischen dem, was man Heimat nennt, und dem, wohin es einen verschlagen hat.
Ich freue mich sehr, dass auch der andere Christian dabei ist, der im September 2022 von Hamburg-Teufelsbrück mit seinem sechs Meter Boot auf dem Weg in die Réunion ist (Instagram: Voyvoysailing). An seiner Seite Jeannine Platz, die am 5. Juli ihre Ausstellung „Words in Motion“ in der Barlach Halle eröffnet.
Draußen ist es sommerlich warm, die Tür bleibt geöffnet und jeder versucht, sich irgendwie noch in die Runde zu quetschen. Christian erzählt von seinen ersten Reisen auf den Spuren von Henri Charrière „Papillon“ nach Französisch-Guayana, da war er 22 Jahre alt und die Droge „Reisen“ begann zu wirken.
Irgendwann kam dann West-Papua dazu, wieder waren es Bücher und Erzählungen, die ihm ein wildes Land eröffneten. Diesmal war es Heinrich Harrer (Sieben Jahre Tibet), der von seiner Reise „Ich komme aus der Steinzeit“ schrieb. Christian war der erste, der es zu Fuß durchquerte.
Was ist ein Abenteurer, und was macht einen dazu? Gaby Pochhammer zitiert, ich lese nach: „Der Abenteurer verlässt sein gewohntes Umfeld und sein soziales Netzwerk, um etwas Waghalsiges zu unternehmen, das interessant oder auch gefährlich zu sein verspricht und bei dem der Ausgang ungewiss ist. In diesem Sinne gelten Expeditionen ins Unbekannte zu allen Zeiten als Abenteuer.“ (Wikipedia)
Der Dialog ist ernst und heiter, nachdenklich und konzentriert. Es fällt der Begriff „normal“, was bedeutet das, wenn sich die Grenzen ständig verschieben. Kehrt man zurück, scheint die Welt wie stehengeblieben, muss man sich erst wieder einrichten in dem anderen Leben, dem parallelen.
Welches sind die Bedrohungen, die einem begegnen, will Karen wissen, die im Oman lebt. – Bewaffnete Milizen, das Wetter und immer wieder die Natur, so Christian. Man darf sich nicht über sie erheben, die Nähe zum Tod ist oft allgegenwärtig.
Ich frage nach dem Gefühl für Heimat, wo ist das? Gibt es noch ein Zuhause für jemanden, der ständig unterwegs ist und sei es auch nur in Gedanken? Lebhaft wird diskutiert. Der andere Christian bekräftigt, dass es für ihn Hamburg sei. Jemand wirft ein: dort wie die Freunde sind.
Es ist Zufall, das gestern der internationale Tag der Flüchtlinge ist. In der Mitte Valeriya aus der Ukraine, die seit zwanzig Jahren hier lebt. Ihr Vater ist noch in Cherson. Sie wird am nächsten IT’S A DIENSTAG darüber berichten (Anmeldung unter: info@romaetoska.de).
Im Nu ist die Stunde des Erzählens verflogen. Sicherlich hätten wir alle noch viel länger zuhören können, uns weiter ausgetauscht über all das, was noch gelebt werden will. Die meisten von uns kennen das Gefühl des Neuanfangs, der Wandlung und des Aufbruchs. – Ein nächstes Mal.
Es ist spät geworden, ich lasse Sibylla noch ein letztes Foto machen von mir zwischen den beiden Christian-Abenteurern. Der eine kehrt bald wieder zurück auf sein Bötchen im Mittelmeer, der andere pant gewiss schon im Kopf, was auf seiner „Landkarte“ noch fehlt. Ich kümmere mich derweil um das Abenteuer „Fashion“. Die „Ruwenzori“ Kollektion ist übrigens mit Fotografien von Christian entstanden.
Gestern erschien sein Buch „Sehnsucht Abenteuer“ mit Geschichten aus 37 Ländern. € 24,90 inkl. Versand. (Bestellung unter: rommel@roxasia.com).
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