Ob man schmecken kann, wenn etwas mit Hingabe gemacht wird? Eng verbunden mit der Natur? Ob es ein Aroma der Frauen gibt? Viele Fragen am gestrigen IT’S A DIENSTAG, an dem es um den internationalen Kaffee ging, aber um noch viel mehr, ein weltumspannendes Engagement, handfeste Missionen und starke Visionen. Langsam irritieren mich selbst diese regelmäßigen Superlative, aber über die Monate haben wir in der Poolstrasse wirklich außergewöhnliche Persönlichkeiten zusammengebracht, die auf so selbstverständliche und gleichzeitig bescheidene Weise Großes leisten. Eine davon steht zwischen uns: Liliana Caicedo Schwarzbach, gebürtige Kolumbianerin, ehemalige Rechtsanwältin und Komissarin gegen Betrug, Korruption und Misshandlung von Frauen in ihrem Land.

Sie arbeitete für die Vereinten Nationen im Bereich Jugend. Lebte in New York, organisierte Kongresse, und wohnt nun schon eine Weile in Hamburg. Mitgebracht hat sie Juan Sebastián ebenfalls aus Kolumbien, dessen Kaffee-Konzept sie begeisert hat.

Fotos u.a. von Brigitte B. Vielen Dank.

Wo immer die zierliche Frau steht, wird herzlich gelacht und gleichzeitig ernst diskutiert. Sie strahlt eine Freude aus, dass sich hier einmal mehr ein Netzwerk ausweitet. So funktioniert es unter uns (Frauen), wir verknüpfen und suchen Gleichgesonnene, die etwas bewegen wollen. Es mag kitschig klingen, aber wir networken für eine bessere Welt.

Vor fünf Jahren wurde Liliana Präsidentin des Vereins Internationale Frauen Kaffee Allianz Deutschland (IFKAD). Zuvor gab es hier nichts dergleichen, obwohl Deutschland einer der größten Kaffee-Importländer ist. „Du musst es machen“, meinten die anderen der insgesamt 34 Länderverbände, die alle in engem Kontakt miteinander stehen und damit einflussreicher sind, als man vermuten würde.

Wir trinken im Jahr pro Kopf 164 Liter Kaffee in Deutschland, lautet die Statistik Mai 2024. Und doch wissen die meisten wenig vom Anbau, den sozialen und kulturellen Bedingungen mit ihrer Historie bis hin zur Gegenwart. Wie sieht es politisch in den Ländern aus? Welche Rolle spielt der Klimawandel? Was bedeutet „Fair Trade“? Entsprechend tastend sind meine Fragen.

Auf den Plantagen arbeiten vornehmlich Frauen, die gleichzeitig die Familien ernähen, Kinder großziehen, den Haushalt führen, den gesamten Alltag bewältigen. Liliana schildert die Freude, mit der sie ihrer Arbeit nachgehen, wie sie singend morgens losziehen, mit ihren schweren Körben zwischen den Bäumen, die Erschöpfung vergessen wollen.

Sie würden alleinerziehend klarkommen, vielleicht sogar besser. Die Männer sind meist das Problem, wie Juan bestätigt, der selbst eine Plantage in Kolumbien besitzt. Alkholismus, häusliche Gewalt, wenig Mitbestimmung, ungleiche Löhne, politische Unruhen und mangelnde gesundheitliche Versorgung. Dazu die ständige Angst um den Verlust der Ernte…

Eine Summe von Problemen, um die sich das Netzwerk der Fauen-Kaffee Allianz international kümmert: Die Rechte der Frauen stärken, Bankkredite ermöglichen und Hilfe leisten, damit sie sich selbst organsieren. Den lokalen Bedürfnissen einer globale Plattform geben. Oft geht es darum, überhaupt erst einmal den Status der Frauen in den Regionen zu erfassen.

Die Vereinigung IFKAD arbeitet zusammen mit den mächtigen Kaffee-Dynastien, holt sie an einen Tisch, um Projekte zu entwickeln und direkte Kontakte zu den Familien und Kooperativen herzustellen. Kaffee von Frauen besitzt mittlerweile ein Gütesiegel. Wir sollten Ausschau danach halten, wenn wir in den Supermärkten einkaufen.

Während Liliana erzählt, reiht sie wie selbstverständlich Ländernamen aneinander: Vietnam, Indonesien, Tanzania … von überall gibt es Ideen, Impulse, wichtige Vorhaben, von der schützenden Kleidung für die Arbeiterinnen auf den Plantagen, Start-ups, die nach kleinen nachhaltigen Partnerschaften suchen, strukturellen Verbesserungen, und wie man es schafft, eine vertikale Kette zu entwickeln von der Ernte bis zum Top Management, geführt von Frauen.

Liliana schlägt den Bogen zu den Künsten, zur Musik, die auf einer ganz anderen Ebene verbindet. Ihre Partner sind u. a. das Jugend Philharmonie Orchester in Hamburg, die mit den kolumbianischen Philharmonie Orchester für gemeinsame Konzerte auftreten.

Junge Studenten aus den verschiedsten Fakultäten tauschen sich länderübergreifend aus. Es folgen Einladungen auf die Plantagen. Modernste Technologien treffen auf Ursprünglichkeit der Bauern. Und immer sind Frauen maßgeblich involviert. Man wird es am Aroma des Kaffees spüren. Die guten Geschichten liefern den Geschmack. Davon weiß Juan zu erzählen. Er hat für uns ein kleines Tasting vorbereitet.

Von seinem Unternehmen erzähle ich morgen. Es fasziniert mich zu sehr, als dass ich es in zwei Sätzen abhandeln möchte. Danke  Liliana für diesen Abend voller Energie, Inspiration und kluger Hoffnung. Fortsetzung folgt!