„Die Väter sind immer ungewiss!“, beliebt mein Mann zu sagen, und er mag Recht haben, nicht nur wenn es um die turbulenten Geschichten des Adels geht. Prinz Harry meint, Charles wäre nicht sein Vater, aber ein Blick genügt, er ist es. Ich steigerte mich als Teenager in die Vorstellung, meiner wäre ein armenischer Prinz, ist er nicht – oder doch? Den armen Vater ließ ich links liegen, den Großvater nahm ich zum Ersatz, der Doktor-Vater wurde mein Mentor… Wenn wir es genau betrachten, haben wir wohl viele Väter, die zu unserem Menschwerden beitragen, die Leiblichen tun sich darin manchmal etwas schwer.
Grund auch diesmal für einen offenen Brief. Nur an wen? Mein Vater wollte meine nie lesen und auch die Postkarten von wo auch immer auf der Welt, legte er zur Seite. Meine Klaue könne er nicht entzwiffern. Außerdem hasste er meinen Ungehorsam und das ständige Letzte-Wort. Nun ist er tot, ich erobere ihn mir zurück ohne Brief.
Ich könnte an meinen Mann schreiben, den Grafen mit seinen vier Töchtern, zwei aus erster Ehe, zwei mit mir, Roma und Toska. Jede hat ein Scheibchen von ihm abbekommen, sehen ihm ähnlich, insofern gibt es da schon 100%ige Sicherheit. Er macht es gut, weiß alles über Schwangerschaftsstreifen und Pubertätsaktne, erzählt von seiner Sammelleidenschaft, dem Louvre und dem Sinn für das Schöne. Selbst im Zuhören schlägt er sich tapfer. Chapeau! (Trage heute seinen Strohhut.)
Er ist eine Generation älter als ich und übernimmt damit auch ein wenig die Vaterrolle für mich, tadelt, wenn ich zu laut oder zu heftig werde, aber lässt mich teilhaben an einer Welt, die vor der meinen lag.
Meine gewählten „Väter“ haben es eigentlich ganz gut mit mir. Ich feiere sie regelmäßig als treue „Schülerin“ und Gefährtin. Meine Töchter tun es mir nach, übernehmen selbstständig und haben ihre ganze eigene Beziehung, das freut mich. Väter sind wichtig, auch wenn in der Geburtsurkunde „unbekannt“ steht.
Kleiner Tipp für jene Väter, die weiterhin nach ihrer richtigen Rolle suchen: zuhören, entdecken, öfter mal ehrlich loben und „apprivoiser“, wie der Fuchs im Kleinen Prinzen sagt: sich miteinander vertraut machen. – Mit jeder Bestellung gibt es dieses Wochenende ein Seideneinstecktuch für den Herren.
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