Es geht um die Kartoffel. Erdäpfel nennt man sie im Süden, Pomme de Terre in Frankreich. Ka(r)tüffeln sagte man bei uns im Norden, als Papas Peruanorium stehen sie in der Enzyklopädie im 18. Jahrhunderts, und liebvoll bezeichneten die Inkas sie mama jatha, „Mutter des Wachstum“, ein „Geschenk Gottes“, das zu ihrer Hauptnahrung wurde.
Wilde Kartoffeln gab es vermutlich schon um 8.000 v. Chr. in Südamerika. Archäologen fanden Spuren von kultivierten Kartoffelpflanzen um 2.500 v.Chr. in Peru, Bolivien und Chile. Aber wie kamen die Erdäpfel nach Europa?
Während andere gegenüber im Dorfkrug Party machten, lag ich im Bett und belas mich über die Kartoffel für den Abend mit Johannes King in seinem Kräutergarten.
Johannes übernahm das Kulinarische, ich das Kulturhistorische. Die Kartoffel ist Kindheitserinnerung, Grundnahrungsmittel und nach Meinung der Historiker*innen, hat sie massiv in unser Weltgeschehen eingegriffen.
Um gleich mit ein paar Vorurteilen aufzuräumen: Es war nicht Columbus, der die Kartoffel entdeckte, und auch nicht Francis Drake, der sie als Erster nach Europa brachte. Es waren die Spanier mit Francisco Pizarro, der 1535 entlang der pazifischen Küste nach Peru segelte.
Seefahrer brachten sie zurück nach Europa und dort landete sie zunächst auf den Tellern der Könige, Fürsten und Adligen. Köstlich fand man sie, doch vergeblich versuchten sie die Kartoffel unters Volk zu bringen. „Was der Bauer nicht kennt, dass frist er nicht“. Ein Nachtschattengewächs, das unter der Erde gedeiht, ist ein „Teufelsapfel“, den nicht einmal die Bibel erwähnt. Es sollte 200 Jahre dauern, bis sich die Kartoffel weltweit durchsetzte.
Sie brauchte nur das richtige Marketing, denn sie war bestens geeignet, Hungersnöte zu lindern. Sie ist anspruchslos, benötigt wenig Ackerfläche, ist nahrhaft und gesund. Wer kennt nicht den Spruch: „Die dümmsten Bauern ernten die dicksten Kartoffeln.“
Ab Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die Kartoffel heftig beworben. Marie-Antoinette trug Kartoffelblüten im Haar und als Abbild auf ihren Kleidern. Ihr Mann, Ludwig XVI, ließ im Schlossgarten einen strengbewachten Kartoffelacker anlegen, um dann nachts die Wachen abzuziehen, damit das Volk sie stehlen konnte. Ganz nach dem Motto: Geklaut schmeckt am besten.
So dachten auch Friedrich II von Preußen, dem man die Pommes Fritz nachsagt, Maria-Theresia von Österreich-Ungarn oder Katharina II von Russland: Wie bekommt man das Volk satt? Letzterer bescherte die Kartoffeln den Wodka.
Robespierre beklagte sich während der Französischen Revolution, dass das Volk nicht an die großen Ideen von Freiheit und Gleichheit denke, sondern nur an den gefüllten Magen. Mit Napeolon begann endlich der Siegeszug der Kartoffel.
Francis Drake brachte die Kartoffel
Das arme Irland war abhängig von der Kartoffel, sie provozierte ein massives Bevölkerungswachstum bis die Kraut- und Knollenfäule von 1845 – 1849 zu dramatischen Zuständen führte mit mehr als einer Million Toten und einer großen Auswandererwelle nach Amerika.
Die Kartoffel ist eng verbunden mit der Industrialisierung, den wachsenden Städten und der neuen Arbeiterklasse, die sich nicht mehr selbstversorgen konnte. Ihre Geschichte ist auch die von Ausbeutung und Hunger… ABER!
Und nun kommt Johannes King mit seinem Talent, die Zuhörer*innen in seinen Bann zu ziehen. Man sieht ihn förmlich als den Jungen, Jüngster von zehn Geschwistern, der morgens früh die Zeitung austrägt, während die Mutter die Frühkartoffeln in der Pfanne brät. Man riecht und schmeckt den warmen Brei, den er mit Marmelade aß. Lebendige Kindheitserinnerungen.
Er erzählt von dem „schlotzigen“ Kartoffelsalat und von den Bratkartoffeln, die er auf einer seiner ersten Stationen als junger Koch lernte. In der Eisenpfanne, die nie ausgewaschen werden durfte, wurden gekochte Kartoffeln, in dünnen Scheiben geschnitten, sorgfältig nebeneinander gebraten.
Ich gehöre zu der Kategorie Mensch, die das Wasser anbrennen lässt, verwechsele Schmand mit Schmalz, und sicherlich gebe ich hier nicht alles richtig wieder, was das Kulinarische betrifft. Jedoch, wie jeder um uns herum, spüre ich diese Hingabe an die Ursprünglichkeit von Küche, von Aromen und von sorgfältiger Zubereitung.
Mit der Kartoffel fängt vieles an: Mit allen Sinnen genießen. So geht ein herrlicher Abend im Kräutergarten zu Ende. Meine historischen Einsprenkelungen waren schnell verdaut, die Geschichten des Sternekochs hängen nach.
Olf Rudbeck führte die Kartoffe als einer der Ersten in seinem botanischen Almanach auf (17. Jahrhundert).
Und ich wette, dass keiner mehr Kartoffelwasser in den Abguss schüttet, sondern überlegt, wie daraus ein köstliches Dressing werden kann. Mein kulinarisches Highlight an diesem Abend: die Champagner-Kartoffeln geschwenkt in geräuchertem Öl.
Literatur: Ingrid Haslinger, Es möge Erdäpfel regnen, 2009
Das nächste Surprise-Event mit Johannes King und mir findet am Donnerstag, den 29. August bei uns im Kapitänshaus statt. Voranmeldung unter info@romaetoska.de
-
BASIC BLUSE BROMBEER
€498,00 inkl. Mwst. -
PUFFARM RUDBECKI BLUSE, MULTI
€398,00 inkl. Mwst.
Liebe Birgit,
das war ein wirklich großartiger Abend und Deinen kulturhistorischen Teil hast Du absolut brilliant und äußerst charmant rüber gebracht! Auch das Zusammenspiel mit Johannes war perfekt, ihr seid ein tolles Team!
Danke für diesen wunderschönen Abend! Wie kommen gerne wieder und besuchen Dich auch gern bei Roma e Tosca
Herzlichst,
Andreas und Sabine