Jeden Abend werde ich von Roma mit einer kulinarischen Köstlichkeit verwöhnt, die mich in Entzücken versetzt. Begriffe wie köstlich, raffiniert, poetisch … reichen kaum aus. Und wenn mir nichts mehr einfällt, dann schließe ich einfach genießerisch die Augen und gebe ein langgezogenes „Hhhmmmh!“ von mir. Heute ihr Rezept: Wan Tan Suppe à la Roma.

Jeder ihrer Handgriffe ist schnell und routiniert. Das einzige, was ein wenig stört, bin ich, stehe die meiste Zeit im Weg (im Pyjama, wegen der Moskitos, hatte keine lange Hose eingepackt). Ich versuche mich in der Mini-Wellblechküche neben dem Bungalow in Luft aufzulösen. Und Klick!

Schon sind die rohen Crevetten gepuhlt und im Mixer gelandet. Ich hab nicht aufgepasst. Dann zwei Hühnerbrüste abtrennen und in Würfel schneiden, ebenfalls in den Mixer.

Als nächstes Schalotten, Shitake Pilze (vorher kurz in Wasser einweichen), zwei Knoblauchzehen, Ingwer, frischen Koriander, zwei Chili-Schooten.

Soweit kann ich gerade noch folgen. Alles ist für die Paste der Teigtaschen.

Anschließend den Mus in die große Schale geben, mit Sesamöl und Sojasauce übergießen (jeweils 1 – 2 Esslöffel), kneten und rühren bis daraus ein glitschiger homogener Matsch wird. Mühlselig suche ich meinen Platz mal rechts mal links.

Nun die Wan Tan Blätter (gibt’s in jedem Asia laden) vorsichtig in die gebogene Hand drücken und mit der Crevetten-Hühner-Paste füllen. Den Rand mit etwas Wasser anfeuchten und das „Beutelchen“ zusammendrücken.

Roma fertigte damals in dem Restaurant in Toulouse täglich hunderte, tausende solcher Teigtaschen an. Kein Wunder, dass es ihr so leicht fällt, während bei mir schon mehrere durch die Qualitätskontrolle fielen.

Fertig, ins Eisfach legen, so halten sie ewig und die Füllung feuchtet nicht durch den Teig. Kurze ausgelassene Stimmung, ich weiß noch nicht, dass der Hauptteil erst kommt. Pause.

Draußen ist es mittlerweile dunkel geworden. Es regnet und trotzdem gibt es wieder ein Spektakel am Himmel. Wir trinken ein Bier, lungern auf dem Sofa, auf dem Schaukelstuhl, schweigen, unterhalten uns. Die Nachrichten haben uns wieder.

Wie tröstend kann das Kochen sein. Man ist in einer anderen Welt, in der Zauberküche der Gewürze und Zutaten. Es beginnt Teil zwei mit der Suppe.

Die Hühnerteile samt Knochen in den heißen Topf ohne Fett legen. Zwei Schalotten, fein gehackt, zwei Stangen Lauch, eine Karotte, zwei Knoblauchzehen, Ingwer und Chili, alles dazu werfen. (Ich halte mich knapp, gehe schon beim Zuschauen verloren.)

Das Ganze etwas anrösten bis es eine schöne Farbe bekommt und dann mit kochendem Wasser übergießen. Nun muss es ca. 20 Minuten vor sich hinköcheln.

Alle Empfindsamen wegschauen: Roma hat vorsichtig die Haut von dem Huhn abgezogen, um sie knusprig zu „Chips“ zu rösten, die später auf die Suppe gelegt werden.

Zwei große Esslöffel Miso-Paste (oder Puder) in den großen Topf geben. Einen halben China-Kohl zerschneiden und ebenfalls hineinkippen. Es beginnt herrlich in der kleinen offenen Wellblechbehausung zu duften.

Das Hühnerfleisch rausnehmen und zerkleinern, um es anschließend (knochenlos) wieder in den Topf zu legen. Mit Sojasauce, Sesamöl und Koreander abschmecken.

Am Ende die Shitaki Pilze dazu und Zucchini sowie Algen oder Sushi-Bätter (tun’s auch). Kommt ihr noch mit? Ich irgendwie, mache ein Foto nach dem anderen, stehe ich Weg, positioniere das Ministativ und darf doch wirklich auch probieren. Hurrah! Köstlich.

Die Hühner-Haut-Chips etwas salzen und mit Sojasauce überspritzen. Erdnüsse kleinhacken und rösten. Wieder dieses Stakkato der vielen kleinen Details, die die Wan Tan Suppe à la Roma ausmachen werden.

Zigmal bin ich durch den Regen ins Wohnzimmer gehuscht, um den Tisch zu decken, neues Bier zu holen, mich ein wenig überflüssig zu fühlen. Nun scheint es dem Ende zuzugehen. SMS von Roma: „Mami, finish!“

Als letztes kommen die Wan Tans in den Topf mit dem kochenden Wasser. Sie brauchen nicht lange, bis sie an der Oberfläche schwimmen und Roma sie rauschöpft, um sie in die Suppe zu legen.

Keine Ahnung, wieviel Zeit vergangen ist. Schwierigkeitsgrad? Ich würde sagen „anspruchsvoll“ (insgeheim denke ich: „schwierig“), Roma findet es „leicht“, es ist nur eine Abfolge von vielen kleinen Schritten (habe bestimmt welche vergessen).

Nicht nur der Blick über die Bucht in den Abendhimmel ist paradiesisch, sondern auch dieses Süppchen. Die nächsten Minuten vergehen eher undefiniert lautmalerisch und mit einen feinen Zischen zwischen den Lippen.

Wer beim Nachkochen Hilfe braucht, der schickt einfach Roma eine e-mail in die Réunion (roma-t@hotmail.de), und vielleicht sitzen einige von uns an ihrem zukünftigen Table d’Ami und lassen uns verwöhnen.