Seid Ihr schon erschöpft von dieser Zählerei, den Türchen, die sich Tag-für-Tag öffnen in dem imaginären Adventskalender? Ich hoffe nicht, denn ein paar bleiben noch übrig, und jeden Morgen bevor ich die Augen öffne, überlege ich schon, was ich Schönes dahinter stecken könnte. So fiel mir gestern beim Aufräumen ein Buch in die Hand: „Muschel mit Landschaft“. Ich erinnere, wer es mir wann schenkte, mit einem kleinen Bändchen drumherum und ein paar Muscheln, die allerdings verschwunden sind. (Danke Steffi, das Haus verliert nichts.) – Ich blättere …
Es beginnt mit einem Text aus „Walden… or Life in the Woods“, 1856, von dem Amerikaner David Henry Thoreau, dem Erfinder des Natural Writings. Es ist geschrieben wie das Tagebuch eines Aussteigers, der die Natur für sich entdeckt, um von ihr zu lernen, damit er nicht, „wenn es zum Sterben ginge, einsehen müsste, dass ich nicht gelebt hatte.“
Sein Buch steht schon lange in meinen Schrank, mehrfach habe ich es angefangen, immer wieder zur Seite gelegt, obwohl es ein Klassiker der Weltliteratur ist. Trotzdem begegnet es mir immer wieder, zuletzt durch das kleine Muschel-Kompendium, aus dem ich nun zitiere:
„Jeder Morgen war eine freundlichen Einladung, mein Leben so einfach, ja ich möchte sagen, so unschuldig wie die Natur selbst zu gestalten. (…) Ich stand sehr früh auf und badete im See. Das war eine religiöse Übung und eine meiner besten Handlungen. Es heißt, in der Badewanne des Königs Tsching-Tschang sei folgende Inschrift eingemeißelt gewesen: ‚Erneuere dich vollständig jeden Tag; tue es immer wieder, für alle Zeit‘.“
Ein Blog über Mode, über Lifestyle und all die Dinge, die sonst noch so wichtig sind, darf auch mal über die Abwesenheit von Mode schreiben. Unbekleidet springe ich ins Meer. Ich beobachte meinen Atem, wie er schnell und heftig geht, versuche ihn zu kontrollieren, bis er ruhig und gleichmäßig wird, um mich durch die Wellen zu tragen. Dabei mache ich meine Schwimmbewegungen, parallel zum Strand, damit ich nicht abtreibe, und das war’s dann mit der zukunftsträchtigen Designerin, die noch so viel vorhatte.
Nach wenigen Minuten bin ich wieder draußen, die Füße schmerzen vor Kälte, schnell als erstes in die Ugg-Boots, dann in die Unterhose, die kurze Hose, darüber die lange Jogging-Hose, das T-Shirt, der Pullover, die Handschuhe, der Schal, der Mantel, Schicht für Schicht. Am Ende noch die Tasche schultern, die Hunde rufen und zurück nach Hause.
Deutlich spüre ich, wie die Wärme durch meinen Körper pocht, es ist ein herrliches Gefühl. Eine Badewanne besitze ich nicht, aber ich schreibe an den Himmel, dass ich mich jeden Tag häute und erneuere. Versprochen!
Hinter dem heutigen Türchen liegen die Muscheln, die ich am Strand gefunden habe, die unseren Motiven auf den Blusen und Futterstoffen so ähneln. Am kommenden IT’S A DIENSTAG werde ich sie für Euch von Jeannine Platz beschreiben lasse und lege sie mit in Eurer Paket. (Sie sind auch Platzhalter für den Muschelschal aus Seidenchiffon, der nun doch erst im Januar kommen wird.)
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