Mein Gast am vergangenen Dienstag ist Katrin Sachse, stellvertretende Chefredakteurin BUNTE, Journalistin mit Herzblut, jemand, die an Sternschnuppen im Leben glaubt, genauso wie an sorgfältig geprüfte Fakten. Sie versteht es, Geschichten zu verpacken, dass sie unterhalten, ohne ihren Wahrheitsgehalt zu verlieren. Sie kam als eine der ersten in mein Geschäft, mittlerweile zehn Jahre her. Wir sind zu Freundinnen geworden, die sich hinsetzen und die Gedanken vom letzten Jahr einfach fortspinnen. Es gelingt uns immer, das Wesentliche mit dem Amüsanten zu verbinden, wir sind in gewisser Weise miteinander „boulevard“. Dabei ringen wir klug und beharrlich um die Präzision von Formulierungen. Es ist uns nicht egal, wie die Dinge benannt werden.
Nun steht sie neben mir im Garten, wieder einer dieser wunderschönen, seltenen Abende in Kampen auf Sylt, warm, beinahe windstill. Um uns herum eine illustre Gruppe und das bei der hohen Dichte von Konkurrenzveranstaltungen.
Sie beginnt mit ihrer Vorstellung und einem dieser Zufälle, die so viele Lebensläufe ausmachen: Der untergetauchte Schalck-Golodkowski, den sie als damals junge Redakteursleiterin der Chiemgau Zeitung enttarnte. Ein Freund, mit dem sie ein kleines Tächtelmächtel hatte, drückte ihr einen Zettel in die Hand mit einem Ort (Rottach-Egern), einer Straße und einer Hausnummer. „Geh da mal hin!“ Mehr Infos gab es nicht.
Sie hatte so eine Ahnung, es könnte wichtig sein. Als sie klingte öffnete besagter Schalck-Golodkowski die Tür. „Sie sind es?“ kam es ihr verblüfft aus dem Mund. „Nun haben sie uns“, rief er nach hinten zu seiner Frau Sigrid. „Komm rein Mädchen, dann kann ich Dir auch alles erzählen.“ Es folgte eine doppelseitige Story in der Zeitung, auf die plötzlich die Welt schaute. Helmut Markwort vom FOCUS rief sie an: „Wer sind sie denn, dass sie so was schreiben?“ So landete sie bei ihm in der Redaktion und ist nach seiner Pensionierung seit 2011 bei der BUNTEN.
Journalismus braucht dieses Gespür und die Antennen, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Aber das ist nicht alles. Man muss ein Netzwerk von Vertrauen aufbauen. Wie erzähle ich eine Geschichte, dass sie eine Menschlichkeit erhält? Es sind altmodische Qualitäten von Interviews, in denen zugehört wird und Fragen gestellt werden, die nicht nur die harten News des Politik- und Society-Geschehen wiedergeben, sondern auch die Person dahinter vorstellen. Das atemlose Hecheln nach Sensationen wird entschleunigt. Kein click and scrall. Die BUNTE, so alt wie unsere Repubik, verlässt sich auf ihre Tradition als Printmedium. Sie erscheint wöchentlich mit stolzen ca. 4,5 Millionen (!) Leserinnen und Lesern. Die können ja nicht alle nur beim Friseur oder beim Arzt sein.
Damit wir nicht unsere Vorurteile weitertragen, habe ich mich mit den Freundinnen auf den Abend vorbereitet und ein paar Ausgaben Seite für Seite studiert. Und siehe da, es nimmt uns mit, lenkt uns ab. Die Geschichten sind flüssig erzählt, wirken gut recherchiert und vor allem ehrlich! – wo kann man das für die heutigen Medien noch sagen?!
Katrin Sachse schreibt ihre geliebte Kolumne, genauso wie Elke Heidenreich eine Spalte für die Buchvorstellung erhielt. Fashion, Style, Gesundheit (selbst die hat die kritische Prüfung von Madame La Petite erfolgreich bestanden), Reisen und immer wieder Society-Events. Letzteres bedient den Voyeurismus, dazugehören oder wissen, wer dazugehört.
Wir Zuhörer*innen hängen an den Lippen von Katrin. Sie ist eine glaubhafte Botschafterin ihres Genres. Wir lachen herzlich über Anekdoten, die nicht unbedingt den Rahmen des Abends verlassen müssen (U3 im Journalisten-Codes: man darf es wissen, aber nicht darüber berichten und zitieren). Diskretion ist wichtig, man bleibt bei beim „Sie“, auch wenn man sich schon lange kennt. Vertraut ja, aber befreundet nein.
Sie erzählt über das Cover, wie darüber intensiv diskutiert wird, denn drei Sekunden entscheiden am Kiosk, ob eine Zeitschrift gekauft wird oder nicht. In der vergangenen Woche war es Laura Dahlmeier, strahlend und glücklich, ihr Schicksal bewegte die Nation über Tage. Davor Schweinsteiger und seine Ex. Katrin Sachse erzählt über Fotos, die wie „Schweinehälften“ an der Börse gehandelt werden. Die Bilder von George Clooneys Hochzeit mit Amal kosteten die BUNTE für die deutschsprachige Ausgabe ein kleines „Einfamilienhaus“-Vermögen. Ein Raunen geht durch die Gruppe. Das ist spannendes Boulevard-Backstage.
Eine ältere elegante Dame kam an dem Abend auf mich zu, sie wäre eine große Skeptikerin dieses Journalismus, aber nun überlege sogar ein Abbonnement. Heute ist die neue Ausgabe am Kiosk. Auf dem Titelblatt Julia Klöckner & Jörg Pilawa. Die BUNTE, sprich Katrin, wusste es schon vor Wochen, das Coming Out war geplant: Sansibar auf Sylt. Die Zeitschrift bekam die Story: „Sie sind so glücklich“. Na, dann dürfen doch auch mal ein paar bunte Fahnen auf dem Reichstag wehen.
Danke Katrin, alle Jahre wieder Sylt!
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