Wie beginnt man an einem neuen Ort, die Kunst und das Interieur zu installieren, wenn dieser Ort aus sich selbst heraus schon eine außergewöhnliche Kraft besitzt? Man horcht in ihn hinein, fährt mit den Augen entlang der unebenen Wände, versucht, die inneren wie äußeren Dimensionen der Räume zu erfassen.

Zum Glück erinnere ich mich an meine großen Mentoren, allen voran den Direktor der Hallen für Moderne Kunst in Schaffhausen. Es gibt die wichtige Regel: gefühlt präzise sein. Nicht messen, aber genau wissen, wohin ein Bild, ein Objekt gehört. Dafür braucht man eine tiefe Ruhe, egal, wie alles um einen herum tobt und in Unordnung ist.

Überall steht etwas, liegt etwas. Möbel, die ins Lager wandern, Kisten mit den Arbeiten von Luca Lanzi, Verpackung der Chandeliers aus Südafrika. Schwierig, sich alles in diesem Chaos vorzustellen. Kaffee trinken, reden, kurz innehalten, ankommen. Liebe Babette, wie lange haben wir uns nicht gesehen, was ist alles passiert dazwischen? (Interview folgt morgen.)

Wir sind ein neues Gespann, Thomas Holthoff und ich. Wir müssen uns in einen Gleichklang bringen. Welche Arbeit kommt wohin, zwei Zentimeter weiter nach rechts oder vielleicht doch ein wenig niedriger?

Thomas ist beinahe 1,90m, ich 1,65 m. Jeder schaut anders auf die Kunst. Also doch ein wenig niedriger? Was für Durchblicke entstehen, wie schaffen wir komplexe Bilder? Alles spielt mit, das Rohr, die verblasste Aufschrift, die abgeplatzten Farben.

Thomas sieht es als Galerist mit wenigen Objekten im Raum. Ich sehe das Ganze, den Dialog. Wir rangeln um jeden Ecke, um jede Wand, mal stimme ich ihm zu, mal lässt er mich gewähren.

Und dann ist da noch Babette, still und konzentriert, mit den Chandeliers und bemalten Möbeln von Magpie Art Collective aus Südafrika. Sie hat Stefan dazu geholt, den Elektriker, der routiniert seine Arbeit ausführt, damit das Licht auch richtig an und wieder ausgeht.

Die Stunden vergehen ohne Pause, drei Stunden, vier Stunden. Langsam sind wir so weit, dass wir uns mit wenigen Worten verstehen. Ja, die blauen Leuchtobjekte könnten gut über der Badewanne aussehen. Die Puppe hängt schön über der Kommode, das Vogelobjekt kommt auf die andere Seite …

Plötzlich wird selbstverständlich, was vorher in dem Chaos nicht ersichtlich war. Die kleine Drachen-Skulptur von Lanzi gehört längs vor die Wand, das kleinen Bild dahinter, der Himmel und der rote Backstein der Absis spiegeln sich in den Prismen des Leuchters wider.

Nun fehlt nur noch Roma e Toska, aber die Kleiderstangen werden erst heute geliefert. Schnell verteile ich noch ein paar Kissen auf den breiten Fensterbänken. Dann räumen wir auf.

Das andere muss bis Donnerstag warten. Wir sind alle erschöpft, der Tag war lang und ich will noch in den Zug auf die Insel springen. Ein schönes Gefühl, der Ort hat sich geöffnet für ein neues Miteinander von Kunst, Mode und Design.

PS: Aufgrund der hohen Nachfrage haben wir noch einen weiteren Vortragstermin eingeräumt: Dr. Karen Michels „Magischer Ort – Jüdisches Kulturleben in Hamburg“, Sonntag, den 18.10., 16.00 Uhr. Poolstrasse 12