Es geht nicht nur um die Front-Row bei den aktuellen Modenschauen, es geht darum, wer hat das Sagen in der Mode. Wem gebührt der Hoheit der Interpretation und ihrer Vervielfältigung? Ist es nach wie vor Condé Nast, die Vogue, das September Issue, ist es Anna Wintour mit ihren 71 Jahren und dem Markenzeichen von Sonnenbrille, Pagenkopf und eisigem Lächeln?

Es gab massive Umsatzeinbrüche bei den Printmedien, wir reden bei der Vogue von 100 Millionen $ per Jahr, das zwang zum Umdenken. Anna First, bei ihr laufen nun weltweit die Fäden zusammen, Europa wird betreut von dem Chefredakteur der britischen Vogue Edward Enninful, für Asien ist Cousinchen’s Freundin Leslie Sun zuständig. Letzteres ist spannend, da sich hier westliches und östliches Gedankengut vereinen mit ihrem Potential, die Interpretation von Fashion in ganz neue künstlerische und auch politische Bahnen zu lenken.

Abb: Instagram von Leslie Sun: sunles

Was geopfert wurde ist „diversity“, die Vielfalt nationaler Eigenarten, eines der wichtigen Stichworte für die Trends in diesem Winter. Ich denke an die frühere Vogue von Franca Sozzani und Anna Piaggi mit ihren Double Pages oder an die spröde vibrierende Weiblichkeit von Carine Roitfeld für die französische Vogue.

Anna Piaggi Double Page, Vogue Italia

Nun werden die Stories gemeinsam produziert als „mass storytelling“. Wen interessiert das noch? Die Kids? Nein. Die Frauen unter 40? Ich kaufe die Vogue schon lange nicht mehr, lese sie beim Friseur während der Föhn brummt. Das reicht. Die aktuellen Plattformen für Information und Inspiration kommen aus dem World Wide Web, sind digital oder anlog, finden sich in der Kunst oder auf der Straße, schafft das Leben.

„The new Vogue may be global, but it lacks some magic without it’s local tribes.“ (Jo Ellison, How to spend it, Financial Times)