Letztens stand ich in der Gruppe von Botschafterin und Generalkonsulinnen auf dem Weihnachtsmarkt: Aña Peña Doig aus Peru, Maria-Rosa aus Ecuador, Maria, die Vertreterin aus Uruguay und ihre Freundinnen. Im Hintergrund spielte eine Life-Band lateinamerikanische Musik. Mit dem Glühwein in der Hand sangen wir lauthals dazu: Feliz Navidad. (Das Lied packe ich gleich mit in diesen Adventskalender.)

Es war wunderbar, wie diese Frauen, die alle eine enorme Karriere gemacht haben, die hart jeden Tag in ihren Jobs arbeiten, so unbeschwert lachend zusammenstehen und den Moment in seiner Natürlichkeit genießen. Ich hätte auch einen Tropfen temperamentvolles Latino-Blut in mir meint Maria, und die andere Maria aus Uruguay könne dafür nicht tanzen. Ganz untypisch für diesen Menschenschlag. Wieder amüsieren wir uns.

Darauf die Frage in der Runde, wo wir tief in uns drinnen herstammen? Bin ich deutsch? Oder gehöre ich in die schottischen Highlands?, wie meine Schwester als Teenager immer zu mir sagte, wegen der Sommersprossen und rötlichen Haare. Mein Mann meinte, ich wäre eine armenische Prinzessin, als wir uns kennenlernten. Auch ein schöner Gedanke.

Wohin verorten wir uns, wenn wir mal alle aktuellen Realitäten außer Acht lassen. Welche Mischung möchten wir sein? Ein Up-Town-New-York-Girl mit italienischen Vorfahren geboren in der Südsee? Oder eine Pariserin mit keltischen Vorfahren, aufgewachsen im Dschungel? Wir können ja mal rumspinnen, und siehe da, wir werden Weltbürger*innen durch Raum und Zeit.

„Geschrieben auf Sylt“ steht auf der Banderole unseres Buches. Ich bin erst spät auf diese Insel gekommen, kann nicht von Jugenderinnerungen hier erzählen. Aber ich fühle mich mit ihr zutiefst verbunden. Das Meer, wenn es im Winter rau an die Küste schlägt, die tiefhängenden Wolken, die Einsamkeit … Das alles bin ich auch.

Meine spontane Heimat-Mischung wäre: Wikingerin, geboren an der Küste, aufgewachsen Downtown Manhattan, träumerisch schreibend in den Hochmooren von Yorkshire, tanzend durch die Straßen von Rio de Janero, mit einer Farm in Afrika. Und all das kann ich in meiner Fantasie wieder sein, wenn ich still auf Reisen gehe, so wie in Großvaters Schattenwelten …