Er war eigentlich schon tot bevor sein Leben wirklich begann, deswegen heißt er auch „Lucky“, denn er musste direkt nach der Geburt wiederbelebt werden. Ein Leben von den sieben war damit schon hin. Ein ungewöhnliches, geliebtes Miststück, unser Kater, der gestern Abend beim Überqueren der Straße sein siebentes Leben verspielte. Irgendwie ist er in meinen Berichten zu kurz gekommen, dabei gehörte er fest zur Familie, allerdings mit ausschweifendem Eigenleben.
Lucky – oder besser Kater oder Katerchen – kam zu uns als kleines Baby und spielte sofort sein exzentrisches Wesen aus, indem er sich mit dem Vogel verbündete und vom Käse herzhaft naschte. Seine einziger Ausgang in die Welt da draußen bestand aus unfreiwilligen Stürzen aus dem Loftfenster in die Tiefe. Zweimal musste ich ihn aus den Sträuchern wieder herausholen. Da waren schon wieder ein paar Leben vergolten.
Ansonsten schlummerte er leise schnarchend im Bett, ärgerte sich, wenn wir ihn zu lange allein ließen und zog dann alle Register des urinösen Racheaktes. Wie oft habe ich die brüllend komische Geschichte erzählt, als er unbemerkt in meinen Koffer pinkelte, mit dem ich am nächsten Tag zu Harrods nach London fliegen wollte. Das elegante Hotel Cadagon Garden duftet den halben Tag nach dem Parfüm MiauMiau … Als der Familienrat auf meine Petition „Kater return to sender“ tagte, entschied man sich einstimmig: der Kater bleibt.
Stolz und prächtig bestimmte er sein Leben und das der anderen. Er war der erste der morgens das Frühstück bekam: „Ach Kater, mein Kater“, so empfing ihn mein Mann in der Küche. Der Hund musste sich unterordnen, sonst gab’s kurz mit Ansage eins gewischt. Wenn ihm etwas nicht passte, pinkelte dorthin, wo’s die Mitbewohnern am meisten nervte: ins Bett! – Am liebsten auch mit Ansage.
Er zog als letztes aus dem Loft in die neue Wohnung in Hamburg-Pöseldorf. Und von da an begann sein wahres Leben als rumstreunender Quartierskater mit einer Braut an jeder Ecke. Er schlüpfte hinten durch die Tür in die angrenzenden Gärten und kam in den Morgenstunden zurück, um sich im Federbett die verdiente Mütze Schlaf zu holen. Ob in diesen Monaten weitere vier oder fünf Leben bei draufgingen? Mag sein.
Als Dank für seine Freiheit erhielten wir regelmäßig Geschenke in Form von toten Mäusen. „Ist die Tod?“ (Toska) – „Ja, Mausetod“ (ich) und Kater hatte seinen Spaß. – Und dann zogen wir wieder um, diesmal noch ’ne Ecke piekfeiner an die Alster, allerdings mit zwei Straßen ums Eck. Das Fenster blieb offen mit Schraubzwinge gesichert, damit Kater rein und raus konnte. Ach, wie er es liebte. Nachts hörte man die neuen Nachbarn fluchen: Hau ab Du Kater. Ups, was er da wohl wieder angestellt hatte. Wahrscheinlich ging auf diesen Streifzügen sein sechstes Leben bei drauf. Gestern dann das letzte, unter Tränen klingelte der Autofahrer an der Tür. Nun ist Kater im Tier-Himmel zusammen mit Kiwi, seinem Vogelfreund.
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