Jede Kollektion ist eine Herausforderung für mich, aufregend und intensiv. Mitten im Design-Prozess spreche ich sogar davon, dass die aktuelle Saison auf jeden Fall die schönste und beste wird. Das ist falsch, alle sind im Rückblick einzigartig. Aber es gibt die Ausnahmen, die „Primus inter Pares“, die zu Wendepunkten in meinem Denken und Handeln wurden. Dafür öffne ich heute eine ganz besondere Tür im Adventskalender, die Nummer 3 …
Wir sprechen von Sommer 2017. Einer Eingebung folgend hatte ich ein paar Monate zuvor mit der kreativen Arbeit begonnen: Eisbären im Sommer. Verwundertes Kopfschütteln im Team: Eisbären gehören modemäßig in eine andere Jahreszeit. Kurzerhand löste ich die Idee der Saisonen auf und gab die Entwürfe für die Produktion frei.
Dann sah ich die Arte Dokumentation über die Eisbären im Sommer und stand unter Schock. Mein Mann empfahl, sofort neu zu starten. Nein! Wenn ich so dumm bin, dann wissen es mit mir viele andere vielleicht auch nicht. Nächsten Tag (27. Januar 2017) schrieb ich meinen ersten Blog dazu, ein Anfang:
Eisbären sind die einzigen Wesen, die auf dem Eis jagen, und wenn das Eis schmilzt, das Leben im Frühjahr an Nord- und Südpol erwacht, die Blüten der Tundra in ihren leuchtend-kalten Farben erstrahlen, dann wird es für die Eisbären hart, der Robbenfang immer schwieriger und viele ringen mit dem Hungertod. Fragil ist das Gleichgewicht, und wir wissen oft zu wenig darüber, denken nur an die streichelnde warme Sonne und setzen Frühling gleich Frohsinn … dabei müssen wir uns vielmehr an die Komplexität des Lebens gewöhnen, herantasten, dem Fragilen eine behutsame Poesie abringen.
Nun war ich aufgewacht, studierte die Nachrichten in der Presse mit ganz anderem Blick. Trump gab die Eisbären zum Abschuss frei. A68 war nicht mehr irgendein Abzweiger einer Aufbahn, sondern das riesige Eisschild, das von der Antartiks abbrach.
Die Unsicherheit als Trend, wie sie ihn die Stoffmesse in Paris vorgegeben hatte, wurde zu meiner Gewissenheit. Wie ihr mit Stoffen und Formen eine Sprache geben? Und werden meine Kundinnen mitgehen, verstehen, wie ich mit den Mitteln der Mode um eine unbequeme Wahrheit ringe? Klimawandel!
Ich versah die Nessel-Prototypen mit einem Gedicht von Fridtjof Nansen (1861 – 1930), dem Zoologen, Ozeangraphen und Polarforscher. Das Revers der Blazer entwickelte ich in Anlehnung an die Jacke von Roald Amundsen (1872 – 1928), dem Ersten am Südpol. Ich wollte auf meine Art ein komplexes Statement liefern: Eisbären First!
Ihr seid mir gefolgt, es wurde die erfolgreichste Kollektion überhaupt, mit vielfältigen Gesprächen und einer empfindsamen Nachdenklichkeit. Fashion entwickelte sich zu dem, was es für ich immer sein sollte, ein Ausdruck unserer Gesellschaft und unserer Zeit. Sie kann verändern!
Was verbirgt sich nun hinter dem 3. Türchen: Wer heute und morgen etwas von Roma e Toska kauft (online, in Hamburg oder auf Sylt) erhält als Geschenk eine Einjahresmitgliedschaft für Greenpeace, ausgestellt auf Euch oder auf eine andere Person, die Tochter, den Sohn, den Freund, die Freundin … Bitte als Hinweis mit angeben.
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