Gestern hatte ich einen Abend mit meiner Tochter Roma (27), bevor sie in zwei Wochen auf die Réunion fliegt, wo sie eine Weile bleiben wird, um die kreolische Küche zu studieren. Mein Ministativ bleibt zuhause, wir sind privat, keine Fotos. Nur an den Themen, die wir wie immer in einem schnellen endlosen Fluß von Wissen und Verknüpfungen (sie) sowie von Assoziationen und Fragen (ich) austauschten, lasse ich Euch ein wenig teilhaben. Wie kam das Risotto in die Sterneküche?

Das Risotto war über die Jahrhunderte ein Essen der einfachen Leute in Italien. Seit der Renaissance ist dort der Reis bekannt, also gab es sicherlich auch den Brei mit unterschiedlichen Zutaten, gekocht von den Mamas in ihren einfachen Hütten. Erst in unserer Zeit gelangte das Risotto auf die Speisekarte der schlichten Restaurants überall dort, wohin Italiener ausgewandert waren (also fast überall). Zurück zu den Sternen: In einer großen Parmesan-Fabrik war die Kühlanlage ausgefallen und Millionen Tonnen von Parmesan drohten zu vergammeln. Ein Notruf ging um die Welt mit einer riesigen Welle der Solidarität. Eilig wurde der Käse bestellt, und in welchem Gericht wird er am meisten verwendet? Im Risotto. Und so kam das Risotto auch in die Sterneküche, aus der es seitdem nicht mehr wegzudenken ist. Wann das war? Roma zuckt mit den Achseln. Nicht so wichtig. Trotzdem schöne Geschichte. Genauso wie der Unterschied zwischen Ernäherung und Essen, zwischen Nahrungsaufnahme und Genuss, dem Speisen mit Kultur. Als die Menschheit begann das Fleisch zu kochen (Entdeckung des Feuers) wurde es leichter verdaulich und so konnte sie (die Menschheit) mehr Energie auf das Denken verwenden. Aha. Ich gehöre zu den Lauwarm-Essern, macht das einen Unterschied? Roma ist schon weiter. Ob ich wusste, das Wasser eine Erinnerung besitzt? Nein, wusste ich nicht. Und das keine Schneeflocke der anderen gleicht. Hier nicke ich.

So wurde es spät und später. Mein köstliches Limonen-Risotto mit Garnelen ist verspeist (Restaurant Eisenstein, Hamburg-Ottensen). Verstohlen schaue ich immer wieder zu meiner Tochter rüber, hübsch sieht sie aus (Haare diesmal leicht fliederfarben gefärbt). Sie demonstriert mit leuchtenden Augen und fliegenden Händen, wie sie das hohe Tempo in der Küche liebt, den Adrenalin-Kick, wenn auf einmal dreißig Teller mit Vorspeisen angerichtet werden müssen. Allein bei dem Gedanken mutiere ich zur Schnecke. Es gilt, wie immer bei uns in der Familie: Kein Essen ohne mindestens eine Geschichte.