Früher hat es mich immer aufgeregt, wenn Künstler zu mir sagten: Sie wären die Ersten gewesen, die dies oder jenes gemalt, formuliert, etabliert hätten … Ich halte es eher mit Karl Lagerfeld, der meinte, dass man – auf jeden Fall in der Mode – nichts mehr erfinden könne, sondern lediglich neu interpretieren. Nennen wir es also fortan so und genießen das déjà vue als ‚gab es ja schon alles – irgendwie, auch bei mir, schon früher, aber anders …‘Am Donnerstag eröffneten die Galerien in der Admiralitätsstrasse in Hamburg’s Altstadt zur neuen Saison. Die lokale Bohemien chic, nachlässig, intellektuell und auf jeden Fall neugierig Wissend. Man stiefelte die Treppen in den Hinterhöfen auf-und-ab, erzählte sich den Sommer-Urlaub und machte Stippvisiten in den verschiedenen Kunsträumen. Das meiste, tut mir leid, nebensächlich, schon vor Jahren so gesehen, damals ähnlich nebensächlich oder besser. Das Fahrrad erinnert mich an das starke Penner-Fahrrad-Statement von Andreas Slominski, meinem Nachbarn aus alten Altonaer Zeiten.
Abb.: Olaf Metzel, Produzentengalerie Hamburg
Abbildung: Andreas Slominski, Fahrrad
Beklebte konstruktivistische Bilder in der Galerie dadrüber, „yoah“, ein langgezogener indifferenter Kommentar meinerseits, hatten wir irgendwie auch schon. Ich verkrieche mich ein wenig kauzig in meinen Wolken-Trench-Coat mit Cashmere-Schal und wirke – wie die anderen – ähnlich kennerisch Bohemien. ‚Was ich denn jetzt so tue?‘ werde ich gefragt, denn schließlich gehörte ich ja auch mal als „Frau Doktor“ zur Kunst-Szene. „Mode“, meine provokante Antwort. Irritation beim Gegenüber. Ich lege nach: Meine letzte Ausstellung vor Jahren wäre „Des Kaiser’s neue Kleider“gewesen und Alexander McQueen ist spannender als Vieles in der Kunst. „Ah ja“, noch mehr Irritation. Ich hole zum finalen Schlag aus, ob er die MILCHSTRASSE 11 kenne mit dem Mix aus Kunst, Interieur und Mode, samt Vorträgen zur Philosophie, Kultur und Sex. –Stille. ‚Ob er auch mal eine Einladung bekommen könnte.‘ – Klar! Warum nicht. Es gibt nichts Neues, aber neu Interpretiertes.
Oben im ersten Stock bei Jürgen Becker dann alles richtig: Kunst und Einrichtung, verdammt gute Sachen, Dan Graham Fotos, Sigmar Polke, Imi Knoebel. Ich fühle mich zuhause, willkommen. Keine Devotionalien, keine Plastiktüten und Gummibärchen. So etwas habe ich auch schon irgendwann mal so ausgestellt, 1994, mit dem Schweizer Künstler Remy Zaugg und dem Postulat, dass ein Werk nur ein Werk ist mit seiner Umgebung (Ausstellung damals unter anderem in Kooperation mit Schöner Wohnen).
Aber schön, dass es wieder zu sehen ist. Damals war ich Außenseiter und man warf mir „Kunstverrat“ vor. Jetzt bin ich „Mode-Tussi“ und werde umarmt wie eine Gleichgesonnene.
Abb.: Galerie Jürgen Becker, Admiralitätstrasse
Draußen treffe ich die Kulturjournalistin Christiane von Korff vertieft im Gespräch in Roma e Toska Outfit, vorbei huscht eine altgewordene ehemalige Kunstgefährtin. Ich verkrieche mich noch weiter in Schal und Mantel, schnappe mir mein Fahrrad und radele durch den Regen entlang der Alster. Was für ein junges, freies Gefühl ‚Zurück in die Zukunft‘. Wen interessiert schon ‚who was first‘, geht es nicht einzig darum, wo der spannende Dialog stattfindet. … Und dann schickt mir noch Bigi aus Köln ein Foto von der aktuellen Chanel Kollektion … Hatten wir auch schon mal, „Journey to the Moon“, 2014. Aber, Karl hat es sicherlich anders interpretiert (Mission to Mars) und nur darauf kommt es an.
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