Buchstabieren wir „BELIEBIGKEIT“ und schlagen dafür die aktuelle Vogue auf. Die September-Ausgabe ist das große Fashion Statement des Jahres, ähnlich der Januar-Edition. Aber wo findet sich das? Was? Das Statement! Die Amerikanisch Vogue bediente sich Beyonce als Editor und Cover Girl. Klug, denn sie besitzt sechs Mal mehr Follower auf Instagram als die US-Vogue. Mit dem 23-Jährigen Fotografen Tyler Mitchell gelang ihr zumindest ein Plädoyer für Young-Black Photography. Aber reicht das schon für ein aufregendes, kontroverses, mutiges Journal zum State of Fashion und unserer Gesellschaft im Herbst-Winter 2018-19. Bedenklich.
Der deutschen Vogue ist es noch weniger gelungen, dabei hätte der Nachruf auf die legendäre kürzlich verstorbene Angelica Blechschmidt (Chefredakteurin 1989 – 2003) Verpflichtung für eine außergewöhnliche Ausgabe sein sollen. Nichts. Bei der Pediküre im Hotel Stadt Hamburg blätterte ich schon lustlos durch die Seiten. Trotzdem habe ich die aktuelle Vogue gekauft, weil – vielleicht war ich ja zu abgelenkt … – War ich nicht, es bleibt dabei: BELIEBIG. Die Schreiberlinge schlängeln sich aalglatt durch Interviews, die mehr Potential hätten. Die Fotografen beschränken sich auf Standard-Einstellungen, die Beauty-Seiten diktieren die Anzeigenkunden … Die Models pflegen immer den gleichen Blick ins indifferente Nichts.
Schade, schade, schade! Obwohl ich von meinem Naturell ins Jetzt und Hier gehöre, vermisse ich die wegweisenden Editorials von damals, die großen Fotografen mit einer neuen Bildsprache, die staunende Vorstellung von Designer-Persönlichkeiten, die mutigen Art Direktoren wie Grace Coddington, die trendschaffenden Chefredakteurinnen, wie die immer wieder zitierte Diana Vreeland.
Abb:: Grace Coddington, Editorial for US Vogue, 2012
Und Anna Wintour? Steht sie vor dem Aus nach 30 Jahren? Ist diese September Issue ihre letzte? Wenn ja, da vermisse ich erst recht ihr Statement. Mode braucht Persönlichkeiten mehr denn je, wenn wir ihr wieder den Status der „wichtigsten Verdichtung von Kunst und Leben“ einräumen wollen. Raus aus der Beliebtheit von endlosen Stangen von Klamotten, die wir alle nicht brauchen und nicht wollen. Die Modemagazine haben in der Vergangenheit den Weg geebnet für ein neues kulturelles Sehen und Erleben. Und wo sind sie jetzt, die Reportagen und aufregenden Fotostrecken? – Spärlich und dürftig, versteckt zwischen endlosen Anzeigen-Seiten.
Abb.: Richard Avedon, US Vogue 1966, Model Veruschka
Schlusswort Diana Vreeland hier mit Andy Warhol in Venedig:
„Fashion is part of the daily air and it changes all the time, with all the events. You can even see the approaching of a revolution in clothes. You can see and feel everything in clothes.“ Diana Vreeland
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