Es geht um eine Standort-Bestimmung, ein Geflecht von Beziehungen sowie eine Perspektive in die nahe Zukunft. Es geht um Cotton, Baumwolle, einen der wichtigsten Rohstoffe in der Textilwirtschaft. Beginnen wir geographisch im Hier. Roma e Toska mit Sitz in Hamburg, Kapitänshaus in Kampen auf Sylt und Produktionsstätte im Erzgebirge/Deutschland plant für den Herbst/Winter 2022/23 eine Kollektion mit auffällig vielen Modellen aus Baumwolle: der neue Rock in pink, die Bluse mit den Muscheln, lange Hose, T-Shirts …
Die Materialien dazu haben Toska und ich vor einigen Monaten in Paris auf der Premier Vision in Paris bestellt. Unsere Hauptlieferanten kommen aus Frankreich und Italien, die bedruckten Stoffe werden am Comer See gefertigt. An dieser Stelle enden zunächst unsere kreativen, in diesem Fall „europäischen“ Gedanken.
Das reicht aber nicht, um unseren „Standort“ zu bestimmen, denn die Lieferketten sind global und sensiblen geopolitischen Schwankungen ausgesetzt. Ich erzähle nichts Neues, aber anhand von Bluse und Rock lässt es sich vielleicht anschaulicher erzählen.
Als erstes ziehe ich eine Verbindung nach Pakistan, dem fünftgrößten Baumwolllieferanten der Welt und einem der größten Textilproduzenten. Der Monsun überschwemmte seit Juni weite Gebiete. Über 1.500 Menschen starben und beinahe die Hälfte (!) der Baumwollfelder waren zerstört, eine der bislang schlimmsten Katastrophen des Landes, die auf den Klimawandel zurückzuführen sind.
In Indien kamen zu den Regenfällen, der Hitze, auch noch die Ungeziefer-Plagen hinzu, so dass das größte Baumwoll-produzierende Land seinen Lieferverpflichtungen nicht nachkommen kann. Die USA und Brasilien, Nummer drei und vier der Cotton-Produzenten, litten unter extremer Dürre.
China, der zweigrößte Produzent, wurde von den USA und der EU mit Embargos belegt. Damit nicht genug, der Krieg zwischen Russland und der Ukraine beeinflusst negativ die Polyesterfertigung und erhöht damit den Druck auf die Baumwollverwendung. Ein Geflecht, das sich immer unübersichtlicher über den ganzen Globus zieht.
Noch hatten wir Glück als Roma e Toska mit unseren Planungen. Die Preise waren stabil. Aber die Perspektiven Richtung 2024 sind ungewiss und düster. Die Stoffmessen hat es dazu schon gegeben, die Stimmung war gedrückt. Es gibt nur eine Lösung, wie alle Experten einhellig sagen: “In the long run, it’s about how to make the industry more sustainable.”
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