Noch ein wenig Zeit bleibt, bevor ich nach Hause fahre. Es regnet und wahrscheinlich wird keiner mehr kommen – aber man weiß ja nie. Der Kamin glimmt noch ein wenig, die Kerzen sind halb runter gebrannt. – Ein komischer Tag, so indifferent ungemütlich wie das Wetter, mit ein paar Schmunzlern über SMSen, schönen Teilen, die die Besitzerin wechselten und ansonsten viel administrative Scherereien. Mir klingt noch im Ohr nach, dass es doch so herrlich ist, wie ich mein Leben lebe, stimmt, aber heute ist mal wenig mit „herrlich“, und da mein Mann auf Sylt die Sonne genießt und das Geschäft adventlich aufrüscht, erwartet mich gleich zu Hause eine Pfütze Wein und ein in-die-Jahre gekommener Camembert mit steinhartem Brot. Na toll! Das Leben ist halt kein Ponyhof! – Aber wer heult, wird auch nicht schöner.
Also, lieber von dem Berichten, was es heute Gutes gab … Als erstes die Freude über die Freude über das Paket. Gut so, sie hat es verdient, die liebe Kundin mit dem Mann, der die beste Mucke der Welt auflegt. Barry White und dazu endlose Sonnenuntergänge am Strand von Sylt. Danke, sauge sehnsüchtig die Erinnerung auf!
Dann Bigi aus Köln. Jawohl, wir sind ein Puzzle, wir bestehen aus Gegensätzen, wir tragen, was miteinander in Dialog steht. Passt schon! Ruckelt sich schon! Und sieht einfach umwerfend aus. „Tja, diese Gegensätze … scheinbar (BT Anmerkung: anscheinend!!!) DAS Geheimnis …“ Weißer Double-face Jersey-Rock. Boucle Blazer mit YSL Tuch aus den 70ern und Hokusai Bluse – verwegen und experimentell, passend dazu das Sissi-Handy.
Und sonst so? Schnappatmung über die eingeübte Sprache der Beamten, Rangelei mit der Versicherung über den Wasserschaden im Kaminraum, verschiedene Knotversuche mit Chanel-Tüchern, dreimal umgezogen, zweimal die Schuhe gewechselt, die Haare hochgegessteckt, runtergenommen, hochgegesteckt… Find mich hässlich. Kein Foto.
Bräuchte eine Beautybehandlung mit Seelsorge oder das Facelifting von Sisley (schweineteuer). Zu allem Glück musste mir Toska noch mitteilen, dass ich meine Selfies sein lassen sollte, da ich mindestens 10 Jahre älter drauf aussehe. Immerhin, das Leben ist besser als die fotografische Illusion. Könnt auch anders rum sein.
Also, was fang ich nun mit mir an als hochtalentierte Designerin und eloquente-querdenkende Storemanagerin. Ich weiß! Ich radeln durch die feuchte Eiseskälte mit dem Mantel, den ich für diese Temperaturen immer anpreise, brülle laut einen Schlager aus den 70ern und freu mich auf Badewanne, Bett und den alten Freund Monsieur Le Camembert. Und dann muss was Triviales her, bloss nicht das wichtige Buch über die Tyrannei, das ertrag ich heute nicht.
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