Ich komme gar nicht mehr hinterher mit dem Schreiben, gibt es doch so viel zu erzählen und die Nächte (gestern Äquatortaufe mit Riesen-Party) werden kürzer und die Tage mit den Ereignissen werden gefühlt länger. Aber ich will nicht schludern und dieses Erlebnis am Tag 18 in Madang muss unbedingt erzählt werden: Primitiv Währung oder auch „vormünzliches Zahlungsmittel“ wie es der Papua-Neuguinea Experte Christian Rommel in seinem Vortrag vom Donnerstag vorstellte. Beliebtes Zahlungsmittel war über Jahrhunderte die Kauri Muschel, wir haben sie durch das kleine Handgelenk-Tüchlein von Roma e Toska ersetzt …
Abb: Alte Kauri-Muschel-Geld Kette, die jetzt um meinem Hals hängt.
Aber der Reihe nach. Es ist noch früh, als wir in Madang einlaufen. Die Lichter entlang des Naturhafens sind noch von der Nacht. Irgendetwas hatte mich geweckt und ich lief schnell an Deck, um mit einer Tasse Kaffee in der Hand die Vertäuung an der Pier zu beobachten. Vor 100 Jahren war dies alles Sumpfgebiet und jetzt steht hier eine der schöneren Städte der Südsee, die die deutschen Kolonialbehörden Anfang des 20. Jahrhunderts in ein Verwaltungszentrum umwandeln wollten.
Ein Gruppe von 50 Mitreisenden hat sich den Luxus Ausflug ins Hochland von Goroka gegönnt. Wir wollen auf eigene Faust die Stadt und vor allem die Märkte erkunden. Und mit dem neuen Wissen von primitiver Währung stopfe ich mir eine Handvoll kleiner Seidentüchlein in die Tasche, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein.
Hinter uns das saubere, ruhige, sichere Schiff, vor uns die Pfützen, der Lärm von den Autos, die Menschen, die entlang der Straßen gehen oder rechts und links davon hocken. Ein Geldtransporter parkt neben uns, dunkelhäutige Männer mit Gewehren springen heraus. Schon eine spannende Szenerie, die zunächst nichts mit den lieblichem Südsee-Klischees zu tun hat.
Wir biegen an einem großen Ficus Baum rechts ab in die Straße rein, wo sich der Markt befindet mit all seinen bunt gekleideten Menschen, den exotischen Früchten, den Ketten und handgeknüpften Taschen. Wir sind im Jagdfieber nach den schönsten Ethno-Accessoires.
Es gibt keine Touristen außer uns und dem Sportler Ehepaar von Bord, das gerade etwas hilflos versucht, ein Kleid zu erwerben. Toska möchte auch eines und so machen wir einen vorteilhaften Kombi-Deal: zwei Kleider, ein Armtüchlein und wir bekommen den super Freundschaftspreis. Alle sind glücklich.
Geht doch, klappt doch. Toska möchte eine wunderschöne handgeknüpfte Tasche. Wir zahlen die Hälfte und schenken dazu ein Tuch. Genauso funktioniert es mir und der nächsten Frau: eine Tasche, halber Preis und ein Foto für’s Erinnerungsalbum.
Es scheint, als hätte sich unser vormünzliches Zahlungsmittel herumgesprochen. Die Leute stehen um uns herum und warten gespannt, wie der Deal wohl ausgeht. Ganz charmant macht es die alte Frau, bei der wir die beiden Oberarmbänder erwerben. Sie bekommt die volle Summe, ein Tüchlein und wir jeder noch zwei Muschelketten als Freundschaftsgeschenk. …
Unsere Ausbeute: fünf Ketten, zwei Taschen und ein Kleid. Umgerechnet für € 20 und 6 Tüchlein, dazu neu gewonnene Freunde und eine unbändigen Spaß. Wie sagt mein Mann immer: Einfach in einen Laden gehen und kaufen kann jeder. Aber daraus ein Erlebnis für alle zu machen, ist viel, viel mehr.
Es ist kurz nach Mittag, die Sonne steht hoch und die Luftfeuchtigkeit lässt uns alles, was wir tragen durchfeuchten. Trotzdem wollen wir Madang erkunden und schlagen uns durch zum Museum an der Südspitze der Stadt. Die Route führt entlang des kleinen Teiches mit den Kästen von Hühnern, die halb gerupft und halb lebendig in Tüten feilgeboten werden. Kinder kommen von der Schule in ihren Uniformen. Immer wieder müssen wir nach dem Weg fragen, der viel weiter erscheint als auf der Karte eingezeichnet.
Einheimische warnen uns immer wieder, möglichst nicht weiter zu gehen, lieber einen anderen Weg einzuschlagen. Unverständlich, vielleicht wollen sie uns nur Angst machen, vielleicht weil wir als einzige Hellhäutige zu exotisch sind. Überall begegnen uns winkende Menschen, man hilft uns bei der Orientierung, wir werden nach unseren Namen gefragt. Nein, zu keiner Zeit fühlen wir uns bedroht, sondern sind angetan von der Liebenswürdigkeit der Bewohner. Und das wirkt absolut ehrlich gemeint.
Keine Ahnung, was uns trieb, so weit zu gehen durch all die Viertel mit den Schulen, Häusern und Hütten. Ohne Geld, aber in dem festen Glauben, mit einem Seidenknötchen dort im Museum Einlass zu erhalten. Nix, diese Türen bleiben geschlossen. Wir sitzen eine geschlagene viertel Stunde davor, nicht weil wir es erzwingen wollen, wir können nicht mehr. Triefnass die Seidenblusen, die dennoch im Wind herrlich kühlen, allerdings der Wickelrock aus Trench-Material ist definitiv nicht Tropen-tauglich. Mir klebt alles an den Beinen.
18.00 Uhr. Alle Passiere sind zurück an Bord und auch die neuen Künstler sind nach langen Anreisen eingetroffen, zwei Tanzlehrer und die Comedian Harmonists. Es gießt zur Abwechslung mal wieder aus Eimern und wir tragen unsere Schätze zum Dinner. Auf zu den Philippinen und knapp 1.000 Seemeilen über den Äquator hinweg.
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