Tag 8! Ich fasse nicht, wie schnell die Zeit vergeht. Mein Schlafpensum reduziert sich weiter, mit dem Schreiben komme ich kaum hinterher und dazu noch die Vortragsvorbeitungen, Essen, Schwimmen, Socialising und schwupp fliegen die Stunden vorbei. Damit nun auch das letzte Quentchen potentieller Langeweile ausgemerzt wird, habe ich mich als Reisebegleitung für Brisbane angeboten.
Easy, so die Stellenbeschreibung der Touristik: Kostenlos an allem teilnehmen, dafür sorgen, dass alle Teilnehmer im Bus und am Ende wieder an Bord landen. Wasser verteilen und lächeln. Also, einfach nur LollIpop Girl spielen mit geringer Jobanforderung und gratis Sightseeing. Die Tour-Guide Jennifer stellt sich vor und ich frage, wer Probleme mit dem Englischen hat. Beinahe alle! Oh no, schon bin ich zur Simultan-Übersetzerin für die nächsten vier Stunden verdonnert. Zahlen, Namen, Daten, nach links schauen, nach rechts schauen, Erklärungen zur Geschichte, zum Kommerz, Anekdoten und Besonderheiten. Ich schreibe hektisch mit.
Dabei schlängelt sich der Bus zügig durch den Verkehr, wir biegen links ab, wir biegen rechts ab und schauen nach …. Wie war das noch mal, jetzt rechts schauen und dann links, wohin? Breakfast Creek und Kangaruh Point. Ah ja, da wo der Entdecker John Oxley 1823 frühstückte und wo er flussabwärts die Tiere sah … Macht Sinn.
Nach den ersten 15 min. Schock-Attacke wird es langsam lustig in der Bus-Runde und jeder der 11 Städte-Touristen hilft mit, was die adäquate Übersetzung von Fachbegriffen aus Botanik und Gesetzes-Ordnung anbelangt. Wir wachsen zusammen zu einer Schicksalsgemeinschaft der Neugierigen und die Stadtrundfahrt mutiert zu einer Entertainment Gaudi. Das ich danach erst einmal in tiefen Erschöpfungsschlaf fiel, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Wer hätte das gedacht, die Stadt besitzt Stil und eine eigenwillige Haltung zu alt und neu. Mal quetscht sich ein Kolonialstil Gebäude wie das Little Big House zwischen Hochhäuser, die nach oben keine Limitierung kennen (gerade ist ein 90-Stöckiges Gebäude in der Fertigstellung), mal beherrscht ein riesiger Ficus-Baum die Mitte der Straße. Die Katholiken, die immerhin beinahe die Hälfte der Bevölkerung ausmachen, hatten das traurige Nachsehen im 19. Jahrhundert, da der Priester mit dem Geld für die Kirche durchbrannte. Es gab keine an dieser Stelle, aber der Platz wurde trotzdem in Cathedral Place benannt.
Wunderschön die Gallery of Modern Art und die Queensland Art Gallery mit australischer Gegenwartskunst und die Kunst der Aborigines. Die Zeit reicht gerade für einen Schlendergang und trotzdem atmet alles die Stille von großer Malerei. Die Werke der „First People“, wie die indigenen Völker des Landes heißen, sind oftmals Gemeinschaftsarbeiten ganzer Familien. Das Geld aus dem Verkauf kommt dem Stamm zugute.
Ich schwinge mein Lollipop und gemeinsam mit Jennifer führen wir die „Schäfchen“ entlang der South Lane mit Blick auf die eigenbrötlerische Skyline und dann geht es auch schon wieder an Bord. Leinen los, Richtung Hamilton Island, wo wir übermorgen ankommen sollen.
Ein Seetag steht bevor mit Stilberatung und Vortrag. Nichts ist komplett vorbereitet, und ich schaffe es nicht einmal mehr vor Müdigkeit das Licht auszuknipsen. Werde morgen früh wieder ab 4.00 Uhr am Start sein und in die Tasten klimpern. Ahoi, Gute Nacht. Die Wellen schaukeln uns sanft in den tiefen Schlaf.
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