Gestern war ich im Kino: „Van Gogh“ von Julian Schnabel im Original-Ton mit Untertitel, d.h. in einem sehr gelungen Mix aus Französisch und Englisch, der einen sofort in die Atmosphäre des Künstlers hinein katapultiert. Leider habe ich die Rezension aus der Süddeutschen Zeitung über diesen Film nicht aufbewahrt, deswegen muss ich aus der Erinnerung wiedergeben…
Warum er denn noch einen Van Gogh Film drehen wollte, wo es schon so viele davon gibt, wird Julian Schnabel darin gefragt. So einen aber nicht, antwortete er sinngemäß darauf. Er erzählt als Regisseur und als Künstler aus der Perspektive des Künstlers van Gogh. Die Kamera wird zu einer subjektiven Kamera, als würden wir mit Vincent van Gogh den Raum abtasten, über das Feld laufen, durch das Schilf schreiten. Ein wie immer kongenialer Willem Dafoe saugt uns ein in das Innere, er wird zu Vincent van Gogh. Sein Gesicht sieht aus wie die Landschaft seiner Seele, die Falten, die traurig-irren Augen, der Mund, der sich öffnet und schließt, um Luft zu holen und gepresst wieder auszuatmen. Man spürt seine Ängste, seine Panik, entdeckt mit ihm das verwirrend Neue in der Malerei, das sich wie selbstverständlich seine Bahn bricht.
Ich glaube ihm, wenn er sagt, dass er auf die Leinwand bringt, was die anderen nicht sehen können, wenn er sagt, dass er die Kontrolle verlieren muss, um Künstler sein zu können. Vielleicht ist es Julian Schnabel, der ihm in den Mund legte, dass, ‚wenn er mit dem Denken aufhört, das Innen und Außen miteinander verschmelzen‘. Es wird zu einer universellen Aussage über das Künstler-Sein. Und wieder sucht die Kamera das zu malende Motiv, werden wir Betrachter zu Mitsuchenden von Farben, Ausschnitten, Versatzstücken der Natur.
Ich entdecke meine Bilder, wenn ich um die Alster fahre, kurze Facetten von Grün, von Gelb, Schwäne, in der MILCHSTRASSE das Gesicht der wiedergefundenen Freundin, die mich anstrahlt, wenn sie zuhört oder erzählt. Jede Kunst lehrt uns das Sehen und der neue Film „Van Gogh“ zeigt uns, wie es gehen könnte, das mit dem Sehen. „Van Gogh. An der Schwelle zur Ewigkeit“, soeben angelaufen in Deutschland.
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