Die Tochter hat mal wieder versucht, uns Müttern und Vätern die Welt zu erklären. Dieses Mal auf der Insel bei spätnachmittäglichem Sonnenschein, wo die meisten noch am Strand lagen oder schon den ersten Drink an der Buhne 16 oder in Sansibar genossen. Roma’s Thema diesmal: die Magister-Arbeit über William James „The Will to Believe“, 1896 als Essay veröffentlicht, nachdem er ihn als Vortrag an der Yale University und an der Brown University (da habe ich auch mal studiert) gehalten hat.
James beginnt mit der Unterscheidung in lebendige und tote Hypothesen, d.h. mit Annahmen, die realistisch sind oder es zumindest wert sind, daran zu glauben, und solchen, die so irrsinnig sind, dass ein Glaube daran nicht sinnvoll erscheint. Zu pragmatisch, wie wir kritisch anmerken? Als der Begründer der Psychologie und als Wissenschaftler erkannte James sehr schnell, dass der reine Intellekt nicht ausreicht, um dem Leben zu begegnen. Ebenso wie wir uns nicht ausschließlich auf unsere Emotionen verlassen dürfen. Es ist die Verbindung von beidem, das zum Glauben führt und zum Handeln, etwas zu erreichen, zu bewegen, zu verändern …
Wir weinen erst, bevor wir wissen, dass wir traurig sind, so rückte James in seiner „Erkenntnistheorie“ die Dinge in die richtige Reihenfolge. Und was war zuerst bei Roma? Das Bedürfnis des jungen Menschen, die Komplexität des Lebens zu begreifen, die Summe, aus der wir bestehen und die uns zum Aufbruch motiviert. James ermutigt uns als Psychologie und als Philosoph, über die Mauer zu springen, tätig zu werden, um so – egal ob richtig oder falsch – die Wahrheit zu finden.
Wir Erwachsenen in der gestrigen Runde aus Wissenschaftlern, Akademikern und Studenten mit gelebten Leben und jungen Leben hörten zu und verloren und verirrten uns ein wenig in der schlichten Schönheit von James Gedankenwelt. Kann es so einfach sein? Wo ist das komplexe philosophisch universale Gebilde, das dahinter steht. Ganz einfach, wir sind der Ausgangspunkt für unser Denken und Fühlen, das andere ergibt sich. Allerdings dürfen wir uns nicht überreden zu Glauben, nur damit es uns besser geht. Das funktioniert auf keinen Fall. Eine gute Portion Descartes steckt ebenfalls darin als Inspiration mit seinem „Cogito ergo sum“ (Ich denke, also bin ich). Wenn alles um uns herum anzuzweifeln ist, dann gibt es immer noch unsere Privatheit, die sich ihren Weg durch das Dickicht schlängelt. Und es existieren nach James die objektiven Evidenzen, das morgen wieder die Sonne aufgeht und 1 +1 = 2 ist …
Dann mal los, auf in den Tag mit unseren anstehenden Sprüngen über Mauern, mit den diffusen Gefühlen und den offenen Gedanken hin zu den richtigen Entscheidungen und den klugen Verwerfungen. Ich bin dabei, William James passt zu Roma und passt zu mir. Bis in die Nacht haben wir gestern diskutiert bei Muscheln, Wein und untergehender Sonne. Heute geht es weiter mit den Gesprächen am Frühstück und dem Weg zum Meer …mit der objektiven Evidenz, dass uns die Themen nicht ausgehen werden, so zwischen Tochter und Mutter.
James Essay endet mit einem Zitat von Fritz James Stephen: „Wir stehen auf einem Gebirgspaß mitten in Schneegewirbel und dichtem Nebel, durch den hindurch wir dann und wann einen Blick erhaschen auf Pfade, die vielleicht trügerisch sind. Bleiben wir stehen, so erfrieren wir; nehmen wir den falschen Weg, so werden wir zerschmettert. Wir wissen nicht einmal mit Sicherheit, ob es überhaupt einen richtigen Weg gibt. Was sollen wir tun? Sei stark und guten Mutes. Tu das beste, hoffe das beste und nimm es, wie es kommt. Wenn der Tod alles beendet, so können wir dem Tod nicht besser begegnen.“
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