Wie steht es mit dem guten und dem schlechte Geschmack? Mein Mann sagt immer: das wäre das einzige, was der liebe Gott gerecht verteilt hat, denn wer beklagt sich schon über seinen schlechten Geschmack? Sehen wir es allerdings einmal differenzierter: Es gibt es nur wenige, die mit guten Geschmacksgenen auf die Welt gekommen sind. Dazu gehört sicherlich mein Mann! Mir wurde es nicht in die Wiege gelegt, stattdessen musste ich mich hart durch alle Geschmacksverirrungen arbeiten, wie das Blümchen-Sofa aus IKEA’s Anfängen, die Sonnenuntergangstapete, die Schlaghose mit Teppichmuster, der Zebra-Jumpsuit, das Fellkleid aus alten Persianer-Mänteln, im Jil-Sander-Wallewalle Rock ging es mit Olivetti-Schreibmaschine zum Filmfest in Cannes … Oh weh!
Aber !!! Wer nicht wagt, der sich nicht schult. Zum guten Geschmack gehören: a.) ausprobieren und im Zweifelsfall schnell wieder vernichten, b.) permanente Neugierde, c.) das Auge herausfordern, d.) das Wissen um die Dinge … Ach, bestimmt noch mehr, aber was ich sagen will: Der gute Geschmack entwickelt sich aus einem Prozess heraus und irgendwann geht es einem leicht von der Hand, reiht sich das Lichtobjekt von Magpie Art Collective ganz zwanglos neben den Eames Chair aus der Herman Miller Collection und die Kommode aus dem frühen Biedermeier. Regel? Nein, Regel gibt es dafür nicht, im Gegenteil „good taste“ darf sie brechen, genauso wie „bad taste“ sie unbedarft ständig bricht. Es gilt der Satz: Erlaubt ist was gefällt! Bedeutet jedoch keineswegs, eine stilistische Selbstgefälligkeit zu pflegen, denn das ist wieder nah an „bad taste“.
Und wenn mal etwas so völlig daneben ist, wie orangene Socken zum roten Rock und rosa Schal, wer weiß, vielleicht findet es ein Designer wieder gut und nimmt es als Inspiration für seine nächste Kollektion. Was Gucci gerade macht, wäre für Anfänger „bad taste“, aber wer es schafft, die ganzen Muster und Farben im Mix zu beherrschen, der ist in der Königsklasse für „good taste“, auf jeden Fall für eine kurze Weile, bis das Auge und der Trend wieder weiterwandern … und sich der gute Geschmack an den nächsten Aufgaben üben muss.
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