Mode sucht die Nähe zur Wirklichkeit, zur Politik, zu Problemen unserer Zeit, zu #MeToo … – das ist mittlerweile unverkennbar. Es geht darum, hier eine neue „Bedeutungshoheit“ in Fragen zu unserer Welt zu gewinnen. Der Fashion Kritiker Tim Blanks spricht von: „“In the age of #MeToo, relevance is this combination of appropriate and uplifting …Relevance to me is not just pointing out the problem, it’s indicating a possible solution.” (Business of fashion) – Geschwülstiges Blabla, mein Kommentar dazu. Ball flach halten und glaubwürdig sein.
Sicherlich, der Blick von Millionen in den sozialen Netzwerken fällt auf die Catwalks und Fashion-Weeks der letzten Wochen und liefert damit die Plattform, Botschaften zu senden. Durchaus den Applaus wert. Aber mit einem weltweiten Umsatz von geschätzten 280 Milliarden Euro in 2018 dürfen wir die knallharten Marketing Strategien dahinter nicht vergessen. Lösungen, nein, Lösungen bietet die Modeindustrie keine an, jedenfalls nicht auf den großen Bühnen. Fast wie ein Schlag ins Gesicht der Frauen fühlt es sich an, wenn Tim Blanks in dem Interview mit Business of Fashion weiter spricht: “People have really been talking about women. It was a very intense month“, ach ja! Und dann laufen sie über die Laufstege wie Robots, wie Kleiderstangen für den nächsten gesteuerten Hype. Wo suchen die Influencer und Blogger die Nähe zu Fashion & Politics, wann sprechen sie von der sogennanten „relevance“? Wenn sie mit dem kleinen Täschchen von Valentino und den Seakern von Gucci im Mantel von Prada über die Straße hüpfen?
Wenn eine Fashion Show läuft während der Anhörung von Richter Kavanaugh, ist Fashion dann politisch? Blabla. Es hört sich sarkastisch an und ist auch so gemeint. Unsere Probleme der Welt sind zu komplex, um sie der Selbstgefälligkeit der Mode zu überlassen. Dennoch bleibt das Statement wichtig, als eines von vielen, als eine Stimme in einem Konzert von unterschiedlichen Protestlern und Mahnern.
Aber dann darf es auch nicht an Ernsthaftigkeit fehlen, sonst wird die Mode zur Farce. – Und Hedi Slimanes Show für „Celine“ (ohne Accent) – für mich ein Ärgernis, eine Ignoranz gegenüber der Geschichte dieses bedeutenden Labels des 20. Jahrhunderts, das Frauen so unaufgeregt und selbstbestimmt zeigte. Und nun sein getrommelter Pomp. Soll er doch seine eigenen XXS-slim Boys and Girls unter seinem Namen wandern lassen. Seine Botschaft? Poltisch, sozialkritisch, ökologisch relevant?
Einer der wenigen Lichtblicke in diesem „Botschaften-Konzert“ ist für mich die Haute Couture Show von Maria Gracia Chiuri für Dior. Es sind moderne selbstbewusste Frauen, die eine Geschichte besitzen. Mode bleibt hier Mode und liefert doch Inhalte, glaubwürdig und aus sich selbst heraus.
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