Es ist Sonntag und fast hätte ich mich diesem unendlichen Genuss hingegeben und wäre im Bett geblieben. Hätte mich zu fortgeschrittener frühen Zeit noch einmal umgedreht und/oder das neue Buch über Kopernikus hervorgeholt … – Aber nein, Disziplin und Routine gewinnen die Oberhand, und nun sitze ich am Schreibtisch und klimpere den Morgenpost. Gedanklich kreise ich um das, was kommt: die neue Herbst-Kollektion, das Thema für Frühjahr/Sommer 2019 und die ersten Vorbereitungen Herbst-Winter 19/20 in einem Jahr. Die Stoffmesse in Paris steht bevor und das Leben der Insel-Idylle bekommt eine neue „Kopfnote“: Fashion Future.
Gestern sammelte ich die Brombeeren im Garten meiner Madame la Petite, die im Flieger nach Genf saß. Die Tür verschlossen, die Terrasse verwaist, wir beide hatten doch so wunderbar endlos „gesommert“ in diesem Sommer. Die Marmelade wird mich an die schönen Stunden erinnern und ein Töpfchen bleibt für sie im frühen Herbst.
Aber nun zu dem Fabel-Erzähler Jean de La Fontaine (1621 – 1695), der doch im Zentrum der neuen Kollektion steht. Der kleine Esel, eine frühe Keramik (1920) von Paul Dresler aus der Töpferei Grootenburg schickt putzig-liebe Schwingungen von der Fensterbank zum Schreibtisch herüber. Ich suche in dem Fabelbuch mit den kleinen Hinweisen an unsere Menschlichkeit und finde diese …
Das Pferd und der Esel
Man muß einander helfen in der Welt;
Denn, stirbt dein Nachbar, kann es leicht geschehen,
Daß seine Last auf deinen Rücken fällt.
Ein Esel mußte einst mit einem Pferde gehen,
Das nichts als nur sein leichtes Zaumzeug trug;
Der Esel aber war bepackt genug.
So wandte er sich an das Pferd mit Flehen:
»Hilf mir ein wenig, oder ich muß sterben!
Was ich erbitte, ist für dich nicht viel,
Die Hälfte meiner Last ist dir nur Spiel,
Und großen Dank wirst du erwerben.«
Das Pferd schlug’s ab und wollte nichts mehr hören.
Doch als der Esel fiel, was half ihm da sein Wehren?
Es mußte mit des Esels voller Last sich plagen
Und obendrein des Esels Haut noch tragen.
Schreibe einen Kommentar