Tag 7 an Bord der Europa. Wieder eine Seefahrt und mein erster Auftritt als Vortragende. In Deutschland tobt der Rosenmontag und spontan habe ich mein Thema entsprechend angepasst, ohne darüber nachzudenken, dass mir vielleicht ein wenig die Zeit für die Recherche fehlen könnte: FASHION KARNEVAL. Mein Schlafpensum schrumpft auf wenige Stunden und dazu addiert sich der leicht flaue Magen bei drei Meter hohem Wellengeschaukele.

Pazifik Wolkenhimmel

Noch schlafen die Jecken in Köln und Düsseldorf. Am Horizont laufen die Tiere vorbei, so sehen jedenfalls die kleinen Wölkchen über dem Pazifik aus, oben drüber die auf dem Kopfstehende Mondsichel. Es ist wirklich noch früh, 3.00 Uhr.

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Karl Lagerfelds Zitat habe ich an den Anfang gesetzt wie eine kleine Prelüde: „Ich bin wie eine Karikatur meiner selbst und ich mag das. Es ist wie eine Maske. Und für mich ist das ganze Jahr über der Karneval von Venedig.“ Legendär seine Inszenierungen im Grand Palais.

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Der Karneval von Venedig gehört zu den ältestens in Europa, schon Anfang des 11. Jahrhunderts wird er in den Notizen des Dogen verzeichnet. Seinen Höhepunkt erreichte er im 18. Jahrhundert zu Zeiten Casanovas. Dann machte Napoleon ihm den Garaus, große Versammlungen wurden verboten. Entspaßung total. Erst Federico Fellini machte mit seinem Film „Casanova“, 1972, den Maskenball der Lagunenstadt wieder so populär, dass er fortan eine der wichtigsten Touristen-Attraktion ist.

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Wir springen nach Frankreich, wo der Bal Paré, der „geschmückte Ball“ seit Ludwig XIV am Hofe von Versailles unverzichtbar wurde. Endlich eine Möglichkeit, der steifen höfischen Etikette zu entkommen. Ein knappes Jahrhundert später ist es die junge Königin Marie-Antoinette, die die Grenzen verschwimmen lässt zwischen Maskerade und Mode-Excess. Ist sie vielleicht die erste Designerin? Warum nicht, denn alle ihre Kostüme entwarf sie selbst und ließ sie von ihrer Freundin Rose Bertin anfertigen.

Marie Antoinette

„Die Leute glauben, es sei so einfach, die Königin zu spielen, aber sie irren. Nichts als Vorschriften und Zeremoniell. Natürlich zu sein, ist anscheinend ein Verbrechen.“ Marie Antoinette (1755 – 1793). Die drei großen Charakteristika des Karnevals of Fashion: 1. die Inspiration und Kreativität, 2.das Versteckspiel hinter Masken und die Flucht aus festgelegten Normen und 3. die unendliche Lust und Kunst sich zu kleiden.

Maskenball

Die Haute-Couture bedient sich des Maskenballs und ihre Designers nutzen diese Maske für sich. Für John Galliano zu Zeiten als Chefdesigner von Dior ist es „the joy of dressing is an art“. – Für Alexander McQueen, der vielleicht am Stärksten die Grenzen zur Kunst ausreizt, heißt es: „Fashion should be a form of escapism, and not a form of imprisonment.“

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Alexander McQueenAlexander McQueen

Beispiele gibt es viele, Jean Paul Gaultier, Viviennen Westwood, natürlich Yves Saint Laurent, Comme des Garçons… für einen Blog ermüdend, für den Vortrag gerade richtig. Eine Stunde soll er dauern und die Damen in den ersten Reihen lauschen brav. Anna Piaggi, muss am Ende unbedingt noch erwähnt werden. Die Art Direktorin der Italienischen Vogue ist Muse, Künstlerin der Selbstinszenierung und Inspirationsquelle.

Anna Piaggi

„My philosophy of fashion is humor, jokes and games. I make my own rules.“ Anna Piaggi (1931 – 2012).

Heute Abend ist Karneval auf der Europa. Hardcore für uns Nordlichter, besonders wenn das Schiff schaukelt und man lieber im Bett bleiben will. Geht aber nicht, da ich sie mit meinem Vortrag neugierig gemacht habe, was ich wohl anziehe. Bei Toska ist es leicht, sie schlüpft in die Rolle von John Galliano mit Schnurrbart, weißer Holland-Bluse und Elbsegler Mütze.

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Von mir gibt es kein Foto, da das Schiff zu sehr schaukelte und ich doch fluchtartig die Büttenredner verließ. Alaf und Funkenmariechen landeten nicht als Inspiration in der High-Fashion. Aber trotzdem wünsche ich noch einen verrückten Faschingstag, bevor es heißt „Carne Vale“, Fleisch lebe wohl und die Fastenzeit beginnt.