Christiane, Christiane, wenn ich schon Energie habe, so besitzt sie mindestens doppelt so viel. Mit ausholendem Schritt, Handtasche unter dem Arm rauscht die Schnell-und-Vielsprecherin in die Milchstrasse 11, um von den bevorstehenden Ereignissen zu berichten: Vorbereitung der Buchmesse, Telefonat mit Rowohlt, Juli Zeh, und dann … natürlich von Philipp Hochmair, dem Tausendsassa, Freund, vielfach ausgezeichneten Schauspieler, Held der „Vorstadtweiber“ … Er möchte von sich erzählen, hinter die Kulissen blicken lassen von einem Leben rund um den Globus, auf den Bühnen der Welt und vor der Kamera. Wo? Natürlich in der Milchstrasse 11, mit Christiane von Korff als Gesprächspartnerin und Moderatorin. Anfang Dezember, am 8. hätte er eine Lücke. Also am besten schon jetzt im Kalender notieren.
Kurz checkt sie noch das Outfit ab, wie ich es finde, die Nadelstreifen Hose, die Artic Bluse und ihre geliebte kurze Jacke. Klar, sieht perfekt aus. Noch ein flüchtiger Kuss links und rechts und schon ist sie weg, auf zu Philipp Hochmair und seinen Gastspielen in der Hansestadt. Hier ihr Report inklusive Fotos vom Abend nach der Vorstellung.
Im Sturm und Drang
von Christiane von Korff
Philipp Hochmair schwirrt in Hamburg ein. Die letzten Wochen war er in Kapstadt, beim Dreh für die Netflix-Serie Deutschland ’86“, in der er einen Diplomaten spielt. Von dort ging’s zu den Filmfestspielen nach Venedig, um zu feiern. Gemeinsam mit dem kubanischen Regisseur Jhonny Hendrix Hinestroza wurde er für den Film „Candelaria“ mit dem Sonderpreis der Filmfestspiele geehrt. Nun ein dreitägiger Zwischenstopp in Hamburg. Erst steht er als Karl Rossmann in Kafkas „Amerika“ auf der kleinen Bühne des Thalia Theaters Gaußstraße. Am nächsten Abend: „Werther“. Ausverkaufte Vorstellung im großen Haus.
Ich sitze in der Loge, beobachte wie sich der Saal des Thalias mit schwatzenden Oberstufenklässlern füllt. Werther, der Schreck ganzer Schülergenerationen. Als Hochmair die Bühne betritt, wird es mucksmäuschenstill. Sein Werther hat das Publikum sofort in seiner Hand. Eine virtuose Inszenierung. Wir lachen und leiden, sind ganz im Sturm und Drang. Die Schüler johlen. Am Schluß stürmischer Applaus.
Im Theaterrestaurant Weltbühne erzählt mir Philipp, dass diese Inszenierung gemeinsam mit Regisseur Nicolas Stehmann entstanden sei. Vor zwanzig Jahren fand die Premiere in einem Nürnberger Klassenzimmer statt. Die Aufführung wurde zu einem Welthit. Hochmair tourte mit dem Stück um die ganze Welt. Eine verrückte Zeit sei das gewesen. „An einem Abend war ich in Tokio, am nächsten Tag saß ich im Flieger nach Peking und am übernächsten Tag ging’s nach Paris.“ Auch heute noch ist die Nachfrage groß – im letzten Jahr stand er mit dem Stück in Sidney auf der Bühne.
In Hamburg ist vorläufig die letzte Werther Vorstellung. Sehr schade! Warum wird es abgesetzt? Hochmair zuckt die Schultern. Zuwenig Zeit, er habe viele Drehs in verschiedenen Ländern. Gerade, erklärt er mir, fühle er sich in die Rolle eines blinden Kommissars ein. Dann verabschiedet er sich. Denn am frühen Morgen geht es für ihn weiter: Nach Strassburg, Paris, Wien.
Christiane von Korff ist Kulturreporterin und Autorin. Ihr Markenzeichen sind Porträts und Gespräche mit Persönlichkeiten aus Kultur und Literatur. Gemeinsam mit Avi Primor schrieb sie das Buch „An allem sind die Juden und die Radfahrer schuld. Deutsch-jüdische Missverständnisse“.
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