Wenn ich an die Pitti Bimbo denke, die größte internationale Messe für Kids Fashion in Florenz, schlägt mein Pulsschlag gleich ein paar Tacken höher. Nach den ersten Anfängen von Roma e Toska war schnell klar: dort muss ich hin! Nach dem ersten Besuch war schnell klar: dort wartet keiner auf mich! Was tun: sich reinschmuggeln und drin bleiben: Das Geld war schnell aufgetrieben, die Messe sagte ab: angeblich kein Platz. Eine Saison später, das gleiche Spiel. Es wartete wirklich keiner. Blieb nichts anderes übrig, als bei der nächsten Anmeldung dem Glück ein wenig auf die Sprünge zu helfen und den Umsatzzahlen eine Null hinzuzufügen – was ist schon eine Null. Viel, denn ich war akzeptiert! Was dann passierte, war faszinierend, überwältigend: Die Einkäufer kamen aus aller Herren Länder, neugierig, offen, mit großen Budgets. Die Saudis knieten am Boden und suchten nach den richtigen Kombis, die Russen wollten mal testen. Harrods und Co. liefen allerdings vorbei. – Eine Saison später gingen meine Koffer verloren (die Kollektion hieß nicht ohne Grund: „Reisen“) und wurden erst nachts vor Messebeginn auf einem Lagerplatz außerhalb der Stadt gefunden. Ich saß durchgeschwitzt, erledigt und doch unglaublich erleichtert auf dem Beifahrersitz eines Laster, den ich einfach angehalten hatte. Kein Taxi war groß genug für die Überseekoffer.
In den nächsten Auftritten allein nahm ich Roma, Toska und Freundinnen mit – was für ein Spaß, sah ein wenig aus wie zuhause am Esstisch. Unser externes Wohnzimmer wurde das kleine Restaurant um die Ecke bei der Piazza della Signoria. Ständig mussten wir uns totlachen, pausenlos gab es Bridget-Mobbing, Zickenkrieg, Lagerkämpfe und ganz nebenbei wurde internationales Business betrieben. Irgendjemand legte die angegammelte Banane in ein Paket zurück nach Hamburg, Roma schnitt sich die Haar kurz, Toska fand sich häßlich, Sonitschka wollte nicht mehr reden – wir waren bei für mich astronomischen Umsatzzahlen angelangt.
Es gab den Schlagabtausch der Großen, der Harrods, Harvey Nichols, TSUM und GUM Moskau, Dubai, Aserbaidschan … Ein irres Gefühl! Ganz besonders erinnere ich mich an die Einkäuferinnen aus Kuwait (sie bekommen noch ihr eigenes Kapitel), die in wenigen Minuten alles am Stand orderten, dann husch die Blanko-Unterschrift leisteten, um den Flieger in 30 min. nicht zu verpassen.
Die Euphorie hielt über viele Jahre an und dann war es plötzlich vorbei. Ich konnte es nicht mehr ertragen nach all der Entwicklungsarbeit, den Tausenden von Stunden, Qualen, Gedanken, Geschichten in diesem 25qm Schaukasten zu sitzen und zu hoffen, dass sie kommen, und zu leiden, wenn sie nicht kommen. Kaum einer wollte etwas wissen von „Beyond Fashion“, von dem Thema der Kollektion, sondern nur schnell-schnell die wichtigen „Keypieces“ und Looks aufschreiben und weiter … zu Moncler, zu Dior, zu Cavalli. Wir waren in einer Sackgasse. Märkte brachen zusammen mit dem Arabischen Frühling, Syrien, Ukraine. Und Roma e Toska passte schon lange nicht mehr in das Image von süß, niedlich, vordergründig. „Troppo Particulare“. Der Weg ging in eine andere Richtung, mit anderen Visionen. Dieser „marketplace“ funktionierte nicht mehr.
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